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Leitlinien zur Bürgerbeteiligung nehmen Gestalt an

Bei seiner dritten Sitzung, die am Freitag, den 6. Mai 2011 im Heidelberger Rathaus stattfand, hatte sich der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung ein umfangreiches Arbeitsprogramm vorgenommen, das er sehr engagiert in Angriff nahm und bei dessen Abarbeitung er wichtige Schritte vorankam.

Bürgerin an der Pinnwand bei der 3. Sitzung des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung (Foto: Stadt Heidelberg)
Bürgerin an der Pinnwand bei der 3. Sitzung des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung (Foto: Stadt Heidelberg)

Ziele der Bürgerbeteiligung einstimmig verabschiedet

Basis der Diskussion waren die Ziele der Bürgerbeteiligung, die der Arbeitskreis aus Vertretern der Bürgerschaft, des Gemeinderats und der Verwaltung in der Sitzung einhellig verabschiedete. Sie lauten:

„Leitziel ist es, in kommunalen Entscheidungsprozessen Transparenz zu schaffen, Vertrauen zu bilden und eine Beteiligungskultur zu entwickeln durch eine mitgestaltende Bürgerbeteiligung,

  1. welche gekennzeichnet ist durch frühzeitige und umfassende Information, verlässliche Verfahren mit verbindlichen Regeln und gesicherten Initiativrechten und definierte Verbindlichkeit der Ergebnisse,
  2. welche der Interessenvielfalt sowie dem Selbstbestimmungs- und Mitwirkungsbedürfnis der Bürgerschaft gerecht wird und sie in Mitverantwortung nimmt,
  3. welche in wesentlichen Phasen von Entwicklungs-, Planungs- und Entscheidungsprozessen die Erfahrung und den Sachverstand von Bürgern, Gemeinderat und Verwaltung auf kooperative Weise zusammenführt und für das Gemeinwesen nutzbar macht,
  4. welche die repräsentative Demokratie bereichert, indem sie die Rolle von Bürgerschaft und Gemeinderat stärkt sowie dessen Entscheidungsverantwortung verdeutlicht,
  5. welche in einem öffentlichen und ergebnisoffenen Diskurs Lösungen erarbeitet, sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht und die Möglichkeit zur Diskussion gibt und damit auch die Bereitschaft erhöht, die letztendlich getroffenen Entscheidungen anzuerkennen,
  6. welche aber auch den sorgsamen Umgang mit knappen Ressourcen stets im Auge behält – sowohl im Verfahren als auch bei Lösungsvorschlägen.

Der Arbeitskreis beschäftigte sich anschließend in erster Lesung mit einem Vorschlag der AK-Leitung zur Formulierung wesentlicher Gestaltungskriterien für die Bürgerbeteiligung, ging aber dann gleich auf eine größere Zahl konkreter Fragen ein, die in den Leitlinien zur Klärung gelangen sollen.


In Arbeitsgruppen, die anschließend im Plenum über ihre Ergebnisse berichteten, wurden drei Fragenkomplexe genauer betrachtet und im Hinblick auf mögliche Lösungen beantwortet:

  1. Wer kann Bürgerbeteiligung initiieren?
    Bürgerbeteiligung sollte von den Bürgern selbst initiiert werden können. Eine der erörterten Möglichkeiten, den Prozess zu starten, besteht darin, dass sich ein bestimmter Anteil von Bürgern dafür ausspricht (Quorum). Der Arbeitskreis betonte, dass die Bürgerinnen und Bürger aber zunächst umfassende Informationen über geplante Vorhaben erhalten und einen festen Ansprechpartner für ihre Anliegen haben müssen, damit sie ihre Betroffenheit zum Ausdruck bringen und ihre Interessen formulieren können. Bei quartiersbezogenen Themen könnten die Bezirksbeiräte als Berater der Bürger und Initiator der Bürgerbeteiligung gegenüber Verwaltung und Gemeinderat eine wichtige Rolle einnehmen.

    Die Möglichkeit, Bürgerbeteiligung für bestimmte Projekte anzustoßen, muss aber natürlich auch für Verwaltung und Gemeinderat offenstehen. Welche Projekte hierfür in Frage kommen, kann aufgrund verschiedener Kriterien, wie z.B. der Tragweite für die Gesamtstadt, der Überschreitung einer bestimmten Zahl betroffener Bürger oder einer bestimmten Investitionssumme entschieden werden. Bei der Auswahl geeigneter Kandidaten, die in solchen Fällen die Bürgerschaft im Beteiligungsprozess vertreten können, sollte naturgemäß den Bürgern selbst ein Entscheidungsspielraum zustehen. Neben der Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit sollten aber auch soziale und demographische Kriterien eine Rolle spielen.

    Die Entscheidung, ob ein Bürgerbeteiligungsprozess stattfinden soll, sollte nach Vorstellung des Arbeitskreises in jedem Fall dem Gemeinderat obliegen.

  2. Wie kann die Verbindlichkeit der Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sichergestellt werden?
    Damit die Ergebnisse von Bürgerbeteiligung verbindlich werden, bedarf es in der Regel eines Gemeinderatsbeschlusses, vor dem den Bürgern in einem geregelten Verfahrensgang Gehör zu gewähren ist. Dies ist kein Problem, wenn als Ergebnis eines Beteiligungsprozesses ein Konsens steht. Was aber, wenn zwei oder drei Positionen auch durch Mediation oder andere Verfahren nicht zu vermitteln sind?

    Dann sollte der Gemeinderat sich vor der Beschlussfassung mit den unterschiedlichen Positionen fundiert auseinandersetzen. Dazu sind klare Verfahrensschritte zu definieren, etwa dass aus dem Prozess einer Bürgerbeteiligung Anträge in den Gemeinderat eingebracht werden, dass diese dort behandelt werden müssen und dass Bürgervertretern Rederecht eingeräumt wird. Das Ergebnis der Abstimmung sollte verbindlich sein und für einen längeren Zeitraum – etwa für drei Jahre – gelten. So kann sichergestellt werden, dass bestimmte Themen auch bei Dissens klar entschieden und keine endlosen Debatten geführt werden.

  3. Prozessbegleitende Bürgerbeteiligung
    Gerade bei größeren und lang andauernden Projekten ist es wichtig, dass Bürgerbeteiligung über die verschiedenen Projektphasen hinweg kontinuierlich stattfindet. Deshalb sollten die Bürgerinnen und Bürger bei allen wichtigen Prozessschritten einbezogen werden, d.h. bereits bei den ersten Überlegungsschritten, dann aber auch bei der Ermittlung von Bedarfen und Interessen, der Entwicklung und Bewertung von Alternativen und schließlich bei der Konkretisierung der Variante, die dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt werden soll. Der Rückkoppelung von Zwischenergebnissen wie auch des endgültigen Ergebnisses an die breite Öffentlichkeit muss große Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit die Meinung aller Interessierten zur Geltung kommen kann.

In der nächsten Sitzung des Arbeitskreises sollen diese Ansätze vertieft, diskutiert und weiter konkretisiert werden. Darüber hinaus werden die Mitglieder des Arbeitskreises aber weitere Gestaltungsfragen aufzugreifen haben, die für eine vollständige Ausgestaltung von Leitlinien wichtig sind, etwa wer für die Durchführung der Bürgerbeteiligung verantwortlich ist, wie die Ergebnisse in die Öffentlichkeit rückgekoppelt werden, wie Konflikte beigelegt werden können oder wie die Evaluierung der Beteiligungsprozesse aussieht.

Der nächste Arbeitskreis tagt am Freitag, 27. Mai 2011, ab 14 Uhr. Weitere Informationen sowie Protokolle der Sitzungen gibt es unter www.heidelberg.de.

Arbeitskreis Bürgerbeteiligung

Der aus Vertretern der Bürgerschaft, des Gemeinderates und der Stadtverwaltung zusammengesetzte Arbeitskreis Bürgerbeteiligung soll Leitlinien für eine verlässliche Bürgerbeteiligung ausarbeiten, die klarstellen, wie Bürgerinnen und Bürger zuverlässig und verbindlich auch an lang andauernden Entscheidungs- und Planungsprozessen beteiligt werden können. Über die neuen Leitlinien soll der Gemeinderat im Sommer 2011 entscheiden. Der Arbeitskreis wird von Prof. Helmut Klages von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer sowie Dr. Angelika Vetter von der Universität Stuttgart geleitet und wissenschaftlich beraten und von Frank Ulmer, Stuttgart, moderiert.