Renommierte Namensgeberinnen

für Straßen und Plätze in der Bahnstadt

Ansicht eines Straßennamenschildes (Foto: Stadt Heidelberg)

Betrachtet man die Straßennamen ist Heidelberg eindeutig eine "männliche Stadt", denn von den insgesamt 907 Namen für Straßen, Wege, Plätze und Brücken (Stand: Mai 2014) basieren nur ein Bruchteil auf weiblichen Namensgeberinnen. Lediglich 32 Straßennamen gehen darauf zurück, dass Frauen explizit für ihre Arbeit gewürdigt werden. Männliche Straßennamen gibt es in Heidelberg hingegen über zweihundertsechzig.

Die starke Unterrepräsentanz von Frauennamen (rund 4% Straßennamen weiblicher Personen, rund 30% Straßennamen männlicher Personen, rund 67% entfallen nicht auf Persönlichkeiten sondern auf andere Bezeichnungen) ist selbstverständlich aus den historischen Zusammenhängen der Stadt Heidelberg erklärbar. Mit dem Wissen um den Handlungsbedarf ergeben sich auch neue Handlungsmöglichkeiten, Verwaltung und Gemeinderat haben sie ergriffen und der gefühlten Wertschätzung von Vielfalt einen angenehmen neuen Impuls gegeben.

Nicht zuletzt durch Anregung des Amts für Chancengleichheit wurden in den vergangenen Jahren verstärkt Frauen als Namensgeberinnen berücksichtigt. Im Baugebiets "Am Dorf" in Heidelberg-Kircheim entstand 1994 u.a. die Margarete-Massias- und die Susanne-Pfisterer-Straße. Neue Chancen, renommierte Frauen bei der Namensvergabe für Straßen und Plätze zu würdigen, boten sich im neu entstehenden Stadtteil  Bahnstadt. 2010 kamen hier die Goeppert-Mayer-, die Nightingale- und Noetherstraße hinzu. Am 5. Juni 2014 entschied der Gemeinderat neben Max-Planck-Ring, Da-Vinci-Straße, Gadamerplatz sowie Eppelheimer Straße und Am Bahnbetriebswerk vier Frauen als Namensgeberinnen zu berücksichtigen:

An die italienische Mathematikerin Maria Gaetana Agnesi (geboren 1718 in Mailand, gestorben 1799 in Mailand) wird durch die Benennung der Agnesistraße gedacht. Agnesis Ruhm als Mathematikerin basiert vor allem auf ihrem 1748 veröffentlichten Lehrbuch "Analytische Gesetze". Dabei handelt es sich um eine umfassende und prägnante Synthese der neuen Mathematik nach Leibniz und Newton.

Namensgeberin für die Marie-Baum-Straße ist die promovierte Chemikerin Marie Baum (geboren 1874 in Danzig, gestorben 1964 in Heidelberg). Sie wandte sich bald nach ihrem Studium sozialen Fragen zu. Durch ihr Wirken als Sozialpolitikerin in der Weimarer Republik gilt sie heute als Wegbereiterin der sozialen Arbeit und lehrte an der Universität Heidelberg.

Marga Faulstich war als Glaschemikerin vierundvierzig Jahre für die Schott-Glaswerke tätig, in der sie über 300 Typen optischer Gläser erarbeitete. In dieser Zeit übernahm Sie auch Führungsverantwortung, ihr beruflicher Werdegang war somit ein frühes Vorbild für erfolgreiche Frauenkarrieren. Sie erarbeitete über 300 Typen optischer Gläser, an die vierzig Patente tragen ihren Namen – zukünftig auch eine Straße in der Bahnstadt, die Marga-Faulstich-Straße.

Der Morataplatz geht auf Olympia Fulvia Morata (geboren 1526 in Ferrara, gestorben 1555 in Heidelberg) zurück. Die italienische Dichterin und humanistische Gelehrte war mit dem aus Schweinfurt stammenden Arzt Andreas Grundler verheiratet, der zum Kreis der Humanisten am Hofe von Ferrara gehörte. Nach der Eroberung Schweinfurts durch Bamberger und Würzburger Truppen im Juni 1554 floh die Familie zu den Grafen von Erbach im Odenwald. Dort erhielt Grundler einen Ruf auf einen medizinischen Lehrstuhl an die Universität Heidelberg, wo Morata Privatunterricht in Griechisch erteilte. Einen Lehrauftrag an der Universität konnte sie wohl nicht mehr wahrnehmen, denn sie starb 1555 an Tuberkulose. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof der Heidelberger Peterskirche, wobei eine Ehrentafel in der südlichen Seitenkapelle der Kirche an sie erinnert.