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Bürgerbeteiliung: Viel Konsens, viele Ideen, aber noch einige offene Fragen

Damit Bürgerbeteiligung zuverlässig funktioniert und verbindliche Ergebnisse liefert, bedarf es klarer Leitlinien. Diesen „Heidelberger Weg der Bürgerbeteiligung“ zu erarbeiten ist die nicht ganz einfache Aufgabe des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung. „Dank des wirklich außerordentlichen Engagements und Ideenreichtums des Arbeitskreises können wir – mit etwas Nacharbeit – hoffentlich im Juli eine allererste Fassung der Leitlinien erstellen. Das ist wirklich bemerkenswert, auch wenn natürlich nicht in allen Punkten Konsens herrscht“, erklärte der Verwaltungswissenschaftler Prof. Helmut Klages, der den Arbeitskreis gemeinsam mit Dr. Angelika Vetter von der Universität Stuttgart und Frank Ulmer als Moderator leitet.

Der Arbeitskreis formulierte in seiner Sitzung am Freitag, 27. Mai 2011, wichtige Bausteine, aus denen die Leitlinien der Bürgerbeteiligung gestaltet werden können. Neben vielen einvernehmlichen Ergebnissen gab es intensive Diskussionen, beispielsweise zu den Fragen, wie regelmäßig Informationen über die geplanten Vorhaben der Stadt zu den Bürgern gelangen, wie Anträge auf Bürgerbeteiligung von wem gestellt werden können, wer die Anträge koordiniert, wer über die Anträge entscheidet, wie die Verwaltungs-, Beteiligungs- und Entscheidungsprozesse im weiteren miteinander verbunden werden können, oder welche Verbindlichkeit Bürgerbeteiligungsergebnisse für den Gemeinderat haben, insbesondere bei der Frage, welche Rechte Bürgerinnen und Bürgern im Beteiligungsprozess eingeräumt werden können, ohne zugleich die Rechte des Gemeinderats auszuhebeln.

Mitglieder des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung bei der 4. Sitzung im Großen Rathaussaal des Heidelberger Rathauses (Foto: Stadt Heidelberg)
Mitglieder des Arbeitskreises Bürgerbeteiligung bei der 4. Sitzung im Großen Rathaussaal des Heidelberger Rathauses (Foto: Stadt Heidelberg)

Die wichtigsten Vorschläge der Arbeitskreismitglieder zu den genannten Themen:

  • Start: Sowohl der Gemeinderat, die Verwaltung als auch die Bürgerinnen und Bürger können einen Beteiligungsprozess starten, auch die Bezirksbeiräte sollten ein Vorschlagsrecht haben. Wenn Bürger die Initiative ergreifen, muss ein bestimmtes Quorum erfüllt sein – je nach Betroffenheit entweder in einem Quartier, einem Stadtteil oder der Gesamtstadt. Über die Höhe des Quorums konnte man sich noch nicht einigen. Damit Bürger wissen, welche Projekte überhaupt geplant sind, soll die Verwaltung Projektlisten mit relevanten Vorhaben veröffentlichen und laufend aktualisieren.
  • Organisation: Die Organisation des Beteiligungsprozesses liegt grundsätzlich bei der Stadtverwaltung. Den Initiatoren von Bürgerbeteiligung kommt jedoch eine wichtige Aufgabe zu – sie sollten vor allem die Motivation der breiten Bürgerschaft vorantreiben und gerade schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen aktiv einbeziehen. Kompetente Fachleute sind vonnöten bei der Gestaltung der Beteiligungsmethoden, die in einem vertretbaren finanziellen Rahmen bleiben müssen. Keinen Konsens konnte der Arbeitskreis vorerst in der Frage erzielen, wer die Methoden der Bürgerbeteiligung letztendlich festlegt – die Verwaltung oder ein unabhängiges Gremium. Denn die Methode kann unter Umständen die Ergebnisse der Beteiligung beeinflussen, wenn sie etwa auf bestimmte Bevölkerungsgruppen zugeschnitten ist.
  • Verbindlichkeit: Bürger können für Bürgerbeteiligung nur motiviert werden, wenn die Ergebnisse nicht versanden, oder in Schubladen verschwinden, sondern die Entscheidungsebene erreichen. Deshalb sollten die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung in ein Antragsrecht im Gemeinderat münden. Das heißt, das Ergebnis der Bürgerbeteiligung soll in den Gemeinderat eingebracht werden, der sich dann mit dem Thema befassen und eine Entscheidung treffen muss. Über das Ergebnis der Entscheidung soll Rechenschaft abgelegt werden, wobei die Gründe der Entscheidung in einer allgemeinverständlichen Form deutlich gemacht werden sollen.
  • Rückkoppelung: Da sich bei Bürgerbeteiligung in der Regel nur ein Teil der Bürgerschaft aktiv einbringt, ist eine Rückkoppelung an die breite Öffentlichkeit von hoher Bedeutung. Bei der Kommunikation ist gute Verständlichkeit ebenso wichtig wie ein breiter Medienmix – über Internet, Broschüren, Presseberichte, Veranstaltungen oder auch durch Aushänge –, so dass möglichst viele Bürgerinnen und Bürger erreicht werden. Die Rückkoppelung sollte aber nicht nur in eine Richtung funktionieren, auch für Feedbackmöglichkeiten ist zu sorgen. Dies kann bei wichtigen Projekten über eine repräsentative Befragung erfolgen, so dass man eine Einschätzung der gesamten Bürgerschaft zu einem Thema bekommt. Die Ergebnisse der Befragung sind zeitnah zu veröffentlichen und dem Gemeinderat vorzugelegen. So ist sichergestellt, dass die Meinung einer breiten Bürgerschaft Gehör findet.
  • Umgang mit Konflikten: Was aber tun, wenn sich die Beteiligten nicht einigen können und sich am Ende einer Bürgerbeteiligung – trotz aller Schlichtungsversuche – zwei oder mehrere Positionen gegenüberstehen? Dann muss der Gemeinderat entscheiden, wobei ihm die unterschiedlichen Positionen darzulegen sind. In welcher Form dies geschieht, konnte der Arbeitskreis noch nicht abschließend klären. Wichtig war aber allen, dass keine Position oder Variante unter den Tisch fallen darf.

Aus diesen Arbeitsergebnissen werden in den nächsten Wochen die Leitlinien für Bürgerbeteiligung in Heidelberg geschmiedet. Klages und sein Team werden einen entsprechenden Vorschlag erarbeiten und bei der nächsten Sitzung zur Diskussion stellen. „Wir haben jetzt eine hervorragende Arbeitsgrundlage, um einen ersten Leitlinienentwurf erstellen zu können. Wobei mir klar ist, dass die Tücke oft im Detail liegt – diese Fragen müssen wir dann ausführlich bei den nächsten Sitzungen besprechen“, so Klages. Sollte der Arbeitskreis nicht in allen Fragen einen Konsens erzielen, so werden dem Gemeinderat unterschiedliche Varianten zur Entscheidung vorgelegt.

Der nächste Arbeitskreis tagt am Freitag, 8. Juli 2011, ab 14 Uhr im Heidelberger Rathaus, bei dem es auch um die Frage der Öffentlichkeitsarbeit bezüglich des Leitlinienentwurfs gehen wird.

Arbeitskreis Bürgerbeteiligung

Der aus Vertretern der Bürgerschaft, des Gemeinderates und der Stadtverwaltung zusammengesetzte Arbeitskreis Bürgerbeteiligung soll Leitlinien für eine verlässliche Bürgerbeteiligung ausarbeiten, die klarstellen, wie Bürgerinnen und Bürger zuverlässig und verbindlich auch an lang andauernden Entscheidungs- und Planungsprozessen beteiligt werden können. Über die neuen Leitlinien soll der Gemeinderat im Sommer 2011 entscheiden. Der Arbeitskreis wird von Prof. Helmut Klages von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer sowie Privatdozentin Dr. Angelika Vetter von der Universität Stuttgart geleitet und wissenschaftlich beraten. Die Moderation hat Frank Ulmer, Stuttgart.