Dr. Marie-Luise Löffler.
Amt für Chancengleichheit
Dr. Marie-Luise Löffler
Kommunale Frauen-und Gleichstellungs-beauftragte
Bergheimer Straße 69
69115 Heidelberg
Fax (0 62 21) 58-4 91 60

Dienstvereinbarung

zum Schutz von Beschäftigten*

...der Stadtverwaltung Heidelberg vor Belästigung, sexueller Belästigung und Stalking am Arbeitsplatz

*Personenkreis nach den Paragraphen (§§) 6 und 24 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG); vergleiche auch Paragraph (§) 1 Absatz 1 Satz 2 der Dienstvereinbarung.

Zwischen der Stadt Heidelberg, vertreten durch den Oberbürgermeister, und dem Gesamtpersonalrat, vertreten durch den Vorsitzenden, wird folgende Dienstvereinbarung gemäß §§ 73, 79 Landespersonalvertretungsgesetz Baden Württemberg (LPVG) geschlossen:

Präambel

Die Dienstvereinbarung zum Schutz vor Belästigung, sexueller Belästigung und Stalking ist ein wichtiger Beitrag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung bei der Stadt Heidelberg.

Sie soll durch ihre Maßnahmen und Sanktionen Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking verhindern und regelt das Verfahren bei Verstößen. Sie stellt auch eine vorbeugende Maßnahme nach den Bestimmungen des § 12 Absatz 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) dar.

Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking am Arbeitsplatz sind Benachteiligungen im Sinne von § 7 AGG und daher zu unterbinden. Sie verletzen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und deren Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und können einen Verstoß gegen arbeitsrechtliche und dienstrechtliche Pflichten darstellen. Sie sind Ausdruck einer Herabsetzung der betroffenen Personen und häufig ein Missbrauch der beruflichen Position. Sie mindern die Leistungsfähigkeit der Betroffenen und stören den Betriebsfrieden.

Alle Beschäftigten der Stadtverwaltung Heidelberg haben sich mit dem Inhalt der Dienstvereinbarung vertraut zu machen und ihre Bestimmungen zu beachten.

Soziale Verantwortung der Beteiligten
Der Oberbürgermeister wird im Rahmen seiner Möglichkeiten Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking unterbinden, um ein kollegiales Arbeitsklima zu schaffen. Er wird diesen Grundsatz auch nach außen tragen. Der Gesamtpersonalrat unterstützt diese Bemühungen.

Alle MitarbeiterInnen sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass es zu keiner Belästigung, sexuellen Belästigung oder Stalking kommt beziehungsweise dass entsprechenden Verhaltensweisen schnell und konsequent entgegengetreten wird. Sie haben durch ihr Verhalten dazu beizutragen, dass die persönliche Integrität und die Selbstachtung aller Beschäftigten respektiert wird. Dies gilt insbesondere für alle Vorgesetzten.

Vorgesetzte und Ausbildende müssen in der Lage sein, offene und subtile Formen von Diskriminierung zu erkennen und ihnen mit professionellem Handeln zu begegnen.

Von Seiten des Disziplinargremiums (vergleiche § 5 Absatz 1 Satz 3 dieser Dienstvereinbarung) wird allen Beschwerden und Hinweisen nachgegangen. Über sämtliche Maßnahmen informiert das Personal- und Organisationsamt den Oberbürgermeister, den Gesamtpersonalrat und das Amt für Chancengleichheit.

§ 1 Geltungsbereich

(1) Die Dienstvereinbarung gilt für alle Dienststellen der Stadtverwaltung Heidelberg. Als Dienststelle ist jeder Ort zu verstehen, an dem Dienstgeschäfte durchgeführt werden.
Sie gilt für alle MitarbeiterInnen, Auszubildenden, PraktikantInnen, BewerberInnen, Zivildienstleistenden und andere.

(2) Die Dienstvereinbarung soll Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch im Außenkontakt mit BesucherInnen oder sonstigen Dritten (beispielsweise VertragspartnerInnen) verhindern.
Die Umsetzung auf allen Ebenen geschieht in Kooperation mit dem Disziplinargremium (vergleiche § 5 Absatz 1 Satz 3 der Dienstvereinbarung).

(3) Benachteiligungen im Sinne dieser Dienstvereinbarung sind unzulässig in Bezug auf:

  1. die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,
  2. die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,
  3. den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
  4. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,
  5. den Zugang und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

(vergleiche § 2 Absatz 1 Nummern 1 bis 4 und Nummer 8 AGG).

(4) Die Stadt Heidelberg wird sich dafür einsetzen, dass die Inhalte der Dienstvereinbarung auch außerhalb des Geltungsbereiches nach Absatz 1 in ihren Gesellschaften umgesetzt werden.

§ 2 Verbotene Verhaltensweisen

(1) Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking sind verboten.

(2) Als Belästigung oder "Mobbing" gelten unerwünschte Verhaltensweisen,

  1. die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, wegen des Alters oder der sexuellen Identität verletzt wird und
  2. die ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen
    oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld schaffen (vergleiche § 3 Absatz 3 AGG).

(3) Sexuelle Belästigung ist ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten. Dazu zählen unter anderem

  1. unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen,
  2. sexuell bestimmte körperliche Berührungen,
    1. anzügliche, beleidigende Bemerkungen und Witze,
    2. auf Einzelpersonen bezogene Bemerkungen herabwürdigender oder beleidigender Art über sexuelle Aktivitäten, das Intimleben, über körperliche Vorzüge und Schwächen und Ähnliches,
  3. sexuell gefärbte herabwürdigende Gesten und Verhaltensweisen,
  4. unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen wie zum Beispiel
  • das Zeigen oder Anbringen frauen- oder männerfeindlicher Texte, Aufkleber und Bilder in den Diensträumen oder Dienstfahrzeugen,
  • das Kopieren, Verwenden oder die Nutzung pornographischer und/oder sexistischer Computerprogramme auf EDV-Anlagen in den Diensträumen.

Sexuelle Belästigung verletzt die Würde der betreffenden Person, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (vergleiche § 3 Absatz 4 AGG).

(4) Stalking ist nach § 238 Strafgesetzbuch (StGB) eine unbefugte Nachstellung.

Sie liegt vor, wenn beharrlich

  1. die räumliche Nähe eines anderen aufgesucht wird,
  2. unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln, sonstiger Mittel der Kommunikation oder über Dritte versucht wird, Kontakt herzustellen,
  3. unter missbräuchlicher Verwendung von personenbezogenen Daten Bestellungen von Waren oder Dienstleistungen aufgegeben werden oder Dritte veranlasst werden, Kontakt aufzunehmen,
  4. mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit (auch von nahestehenden Personen) gedroht wird oder
  5. eine vergleichbare Handlung vorgenommen wird

und dadurch die Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt wird.

§ 3 Rechte betroffener Beschäftigter

(1) Es ist das Recht aller Betroffenen, gegen Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking vorzugehen (Beschwerderecht nach § 13 AGG).

(2) Ist die persönliche Zurechtweisung durch Betroffene und/oder durch von ihr/ihm ins Vertrauen gezogene Personen erfolglos oder erscheint sie als unangebracht, kann sie/er sich an das Personal- und Organisationsamt, das Amt für Chancengleichheit oder die Personalvertretung wenden. Sie/Er wird dort unter Wahrung strengster Diskretion unterstützt und beraten. Ist es ihr/sein erklärter Wille, zur Lösung der Probleme über beratende Gespräche hinaus weitere Schritte zu unternehmen, so werden diese mit ihr/ihm vereinbart und abgestimmt.

(3) Sie/Er ist bei Belästigung, sexueller Belästigung und Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit, Gesundheit und Freiheit berechtigt, die Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts und der Bezüge einzustellen, soweit dies zum Schutz erforderlich ist, wenn die Stadtverwaltung keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Belästigung, sexuellen Belästigung oder Bedrohung ergreift (vergleiche § 14 AGG). Vor der Einstellung der Tätigkeit bitten wir das Personal- und Organisationsamt zu informieren.

(4) Betroffene dürfen keine Nachteile erleiden, wenn sie ihre Rechte nach dieser Dienstvereinbarung wahrnehmen oder sich weigern Anweisungen auszuführen, die gegen diese Dienstvereinbarung verstoßen (vergleiche § 16 AGG).

§ 4 Fortbildung und Information

Besondere Fort- und Weiterbildungen zu diesem Thema werden vom Personal- und Organisationsamt in Zusammenarbeit mit dem Amt für Chancengleichheit und dem Rechtsamt allen MitarbeiterInnen angeboten und sind für Vorgesetzte verpflichtend.
Daneben finden regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen – auf Wunsch auch getrennt für Frauen und Männer – für interessierte Beschäftigte statt (vergleiche § 12 Absatz 2 AGG).

§ 5 Sanktionen

(1) Sanktionen sollen künftige Belästigungen, sexuelle Belästigungen und Stalking verhindern und der Täterin/dem Täter und allen Verwaltungsangehörigen vor Augen führen, dass die Verwaltungsleitung solche Verhaltensweisen nicht toleriert.

Der Oberbürgermeister verpflichtet sich, Vorwürfen über Belästigung, sexuelle Belästigung und Stalking von Beschäftigten oder Dritten sowie Vorwürfen gegenüber Vorgesetzten, Belästigung, sexueller Belästigung und Stalking konsequent entgegenzutreten, umgehend nachzugehen und unverzüglich die erforderlichen Schritte vorzunehmen.

Es wird ein Disziplinargremium eingerichtet, dem drei Personen angehören: die Leitung des Personal- und Organisationsamtes, die Leitung des Amtes für Chancengleichheit und der/die Vorsitzende des Gesamtpersonalrates. Das Gremium entscheidet mit einfacher Mehrheit. Je nach Schwere des Vorfalls können von dem Gremium beispielsweise folgende Sanktionen veranlasst beziehungsweise eingeleitet werden:

  1. persönliches Gespräch und Hinweis auf das Verbot von Belästigung, sexueller Belästigung, Mobbing und Stalking,
  2. Verpflichtung zu einer themenbezogenen Fortbildung zum nächstmöglichen Termin,
  3. Aktenvermerk in die Personalakte,
  4. mündlicher und schriftlicher Verweis,
  5. Umsetzung in eine andere Abteilung/an einen anderen Arbeitsort,
  6. schriftliche Abmahnung und Kündigungsandrohung beziehungsweise die entsprechenden beamtenrechtlichen Konsequenzen,
  7. fristgerechte oder fristlose Kündigung,
  8. förmliches Disziplinarverfahren,
  9. Strafanzeige durch die Verwaltungsleitung.

In Personalakten muss ein entsprechender Vorwurf als solcher gekennzeichnet sein und darf nicht anders begründet werden.

(2) Falls MitarbeiterInnen nachgewiesen wurde, dass sie andere MitarbeiterInnen oder im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit Dritte belästigt, sexuell belästigt oder durch Stalking belästigt haben, sind sie für Vorgesetztenpositionen und als Ausbildende grundsätzlich nicht geeignet.

Für solche Positionen sind sie erst dann wieder zu berücksichtigen, wenn das Personal- und Organisationsamt in Kooperation mit dem Amt für Chancengleichheit und dem Gesamtpersonalrat nach entsprechenden Gesprächen sowie der Bewertung des weiteren Verhaltens der Betreffenden über einen angemessenen Zeitraum hinweg zu dem Ergebnis kommen, dass sie in Zukunft Gewähr bieten, sich entsprechend dieser Dienstvereinbarung zu verhalten. Voraussetzung dafür ist, dass die Belästigung, sexuelle Belästigung oder Stalking nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat.

(3) Falls Dritten nachgewiesen wurde, dass sie MitarbeiterInnen belästigt, sexuell belästigt oder durch Stalking belästigt haben, können beispielsweise folgende Maßnahmen getroffen werden:

  • Inaussichtstellen der Kündigung von Verträgen,
  • Hausverbote,
  • Kündigung von Verträgen.

Die Umsetzung erfolgt auf allen Ebenen in Kooperation mit dem Disziplinargremium.

§ 6 Bekanntmachung der Dienstvereinbarung

Diese Dienstvereinbarung wird in den Mitteilungen der Stadtverwaltung Heidelberg, den Öffentlichen Ordnern, im Intranet und auf der Internetseite der Stadt Heidelberg veröffentlicht. Sie ist außerdem gegen Unterschrift allen Beschäftigten zur Kenntnis zu geben.

§ 7 Inkrafttreten, Kündigung

Diese Dienstvereinbarung tritt mit Unterzeichnung in Kraft. Sie löst die Dienstvereinbarung zum Schutz von Beschäftigten der Stadtverwaltung vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vom 24. Juli 1995 ab, die gleichzeitig außer Kraft tritt. Sie kann frühestens nach zwei Jahren gekündigt werden. Nach ihrer Kündigung wirken ihre Bestimmungen bis zum Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung nach.

Heidelberg, den 13.08.2008

gez. Dr. Eckart Würzner
Oberbürgermeister
gez. Norbert Schweigert
Vorsitzender des Gesamtpersonalrates