Dr. Marie-Luise Löffler.
Amt für Chancengleichheit
Dr. Marie-Luise Löffler
Kommunale Frauen-und Gleichstellungs-beauftragte
Bergheimer Straße 69
69115 Heidelberg
Fax (0 62 21) 58-4 91 60

Die EU-Charta: Handlungsrahmen

für die Schaffung von mehr Gleichheit auf kommunaler Ebene

Die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene entstand vor dem Hintergrund, dass trotz der formalen gesetzlichen Anerkennung der Gleichstellung der Geschlechter diese auf vielen Ebenen nach wie vor nicht erreicht ist. In zahlreichen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens sind Frauen gegenüber Männern benachteiligt, zum Beispiel existieren teils gravierende Entgeltunterschiede und Frauen werden auf vielen Entscheidungsebenen in Politik und Wirtschaft nicht ausreichend repräsentiert. Ein starres, in Familie, Kultur, Medien, Arbeitswelt und Bildung herrschendes Stereotypendenken verstärkt diese Ungleichheiten.

Die lokalen und kommunalen Regierungen stehen den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten und können daher unmittelbare Maßnahmen ergreifen, die zu einer Verbesserung der Gleichstellung von Frauen und Männern führen.

Was bedeutet Gleichstellung?

Gleichstellung meint die Bekämpfung von Diskriminierungen und Benachteiligungen – oder anders formuliert: Die Sicherung des barrierefreien Zugangs zu den Möglichkeiten, Dienstleistungen und Produkten der Kommune sowie Sicherung gleicher Teilhabe an ihnen. Damit Zugang und Teilhabe tatsächlich sichergestellt werden, muss eine systematische Zielgruppensensibilität bei der Erstellung von Produkten und Dienstleistungen gewährleistet werden.

Welche Empfehlungen werden in der Charta gemacht?

1. Verpflichtung zu Aktionsplänen

Die Unterzeichnenden verpflichten sich dazu, innerhalb von zwei Jahren nach Unterzeichnung Aktionspläne zu erarbeiten und entsprechende Mittel bereitzustellen, damit die Pläne adäquat umgesetzt werden können. Sie sollen regelmäßig überprüft, weiterentwickelt und veröffentlicht werden. Zur Hilfe bei der Planerstellung können die Meinungen von Expertinnen und Experten eingeholt werden; außerdem können sich die Kommunen an einem europaweiten Evaluationsprozess beteiligen, um die Fortschritte zu beurteilen und voneinander zu lernen.

2. Zielgruppen nach Geschlecht berücksichtigen

  • Kinder und Jugendliche
  • Ältere und alte Menschen
  • Menschen mit Behinderungen und unterschiedlichen gesundheitlichen Einschränkungen
  • Menschen mit Einwanderungsgeschichte
  • Menschen unterschiedlicher sexueller Identität
  • Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft und Art der Einbindung in Erwerbstätigkeit sowie Ausstattung mit eigenem Einkommen
  • Menschen mit unterschiedlichen Lebensformen wie zum Beispiel: Alleinlebende, Lebensgemeinschaften, Alleinerziehende, Lebensgemeinschaften mit Kindern beziehungsweise mit älteren Menschen

3. Worauf besonders geachtet werden muss:

  • Ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen
  • Beseitigung von Geschlechterstereotypen
  • Verbesserung der Vereinbarkeit beruflicher mit Erziehungs- und Pflegeverpflichtungen für Frauen und Männer
    • Verbesserung der Erwerbsbeteiligung; Abbau von Überrepräsentanz bei Teilzeitstellen und diskontinuierlichen Erwerbsverläufen
    • Abbau des Entgeltgefälles im Geschlechterverhältnis und der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und Überrepräsentanz in wenigen, vorwiegend schlecht bezahlten Berufen
  • Abbau der Unterrepräsentanz von Männern in Berufen der Pflege, Erziehung und Bildung von Kindern
  • Verbesserung der ausgewogenen Verteilung von Hausarbeit und Fürsorge für Kinder und alte Menschen
  • Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt

Unterzeichnende

Mit Stand 10. Dezember 2015 haben inzwischen 42 deutsche Kommunen, Landkreise und Städtetage die Charta unterzeichnet. Heidelberg war am 29. März 2007 die erste Stadt in Baden-Württemberg und nach Bonn die zweite deutsche Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.