Auf Abruf bereit

38 Frauen bei der Freiwilligen Feuerwehr behaupten sich mit Ehrgeiz und Ausdauer in der Männerdomäne

Vier von 38. Diese Frauen sind bei der Freiwilligen Feuerwehr im Einsatz (Foto: S. Kresin)Piep, piep: Es ist zwei Uhr morgens und Lena Wulstens Beeper reißt sie aus dem Schlaf. Es gibt einen Brand. Schnell springt sie aus dem Bett, rennt zu ihrem Auto und düst zum Gerätehaus ihrer Einheit. Zum Nachdenken bleibt keine Zeit. Wenige Minuten später sitzt die rothaarige junge Frau mit voller Montur im Feuerwehrauto und ist auf dem Weg zu einem Wohnungsbrand.

Lena Wulsten ist eine von 38 Frauen bei der Freiwilligen Feuerwehr Heidelberg. Wie ihre gut 260 männlichen Kameraden steht sie auf Abruf bereit, um zu einem Brand, einem Verkehrsunfall oder einem Unwetterschaden zu kommen und die Berufsfeuerwehr zu unterstützen. Dabei sind sie und ihre Kollegen manchmal sogar als Erste vor Ort. Und auch wenn die Berufsfeuerwehr an der Speyerer Straße ausrücken muss, kommen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr zum Einsatz und besetzen die Wache. „Wir sind auf die Freiwillige Feuerwehr angewiesen“, sagt Berufsfeuerwehrmann und Wacheleiter Holger Schlechter.

Dass Lena Wulsten eine Frau ist, spielt beim Einsatz keine Rolle. „Wir haben alle dieselben Aufgaben, da fragt niemand, ob ich mir vielleicht einen Fingernagel beim Sandsackheben abbreche“, erzählt die 21-Jährige. Körperlich müssen alle Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr topfit sein. Menschen aus einem Auto ziehen oder mit einem über 15 Kilogramm schweren Atemschutzgerät in ein brennendes Gebäude gehen – all das erfordert Kraft und Ausdauer.

„Bei den Vorbereitungslehrgängen zeigen Frauen oft mehr Ehrgeiz als ihre männlichen Kameraden, um zu beweisen, dass sie in dieser Männerdomäne bestehen können“, sagt Stadtbrandmeister Albert Eppinger. Er kennt noch die Zeit, als keine Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr zugelassen waren. Seitdem habe sich einiges geändert. „Vor allem sind der Ton und der Umgang ein anderer geworden. Damals ging es weitaus zotiger zu, heute sind alle sehr viel höflicher“, erzählt Eppinger. Dieses angenehme Klima herrsche auch in der Jugendfeuerwehr. Dort gibt es unter den 124 jungen Feuerwehrfans auch 37 Mädchen. „Wir sind auf den Nachwuchs angewiesen. Da achten wir natürlich besonders darauf, auch weibliche Mitglieder für das Ehrenamt zu begeistern“, sagt Stadtjugendwart Michael Morano.

Eines der Mädchen in der Jugendfeuerwehr ist die 15-jährige Elena Blattner. Dass sie oft allein unter vielen Jungen ist, macht ihr nichts aus. Sie mag die Gemeinschaft und die Aktionen, die sie und die anderen Jugendlichen ihrer Einheit zusammen unternehmen. Besonders gefallen hat ihr zum Beispiel der Frühjahrsputz der Stadt Heidelberg, an dem sie mit ihren Kameraden teilnahm. „Man fühlt sich gebraucht“, sagt sie. Elena kann sich gut vorstellen, später Berufsfeuerwehrfrau zu werden. Dabei würde sie gerne als Maschinistin tätig sein – das heißt, das Feuerwehrauto fahren und beispielsweise die Pumpe bedienen.

Stadtjugendwart Morano ist es wichtig, dass Mädchen wie Elena nach ihrer Zeit in der Jugendfeuerwehr in den aktiven Dienst wechseln. Da liege nämlich dasProblem:„Viele treten nicht über, weil das Interesse in andere Richtungen abschweift“, sagt er. Er würde sich freuen, wenn irgendwann 50 Prozent Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Frauen wären. „Es sollte zur Gewohnheit werden, Frauen im Löschzug zu sehen.“

 

(Quelle: www.rnz.de)

×