Braucht Heidelberg ein neues Konferenzzentrum?
OB Dr. Würzner: „Bedarf ist eindeutig“
Der Gemeinderat der Stadt Heidelberg befasst sich mit der Frage, ob es in Heidelberg grundsätzlich einen Bedarf für ein neues Konferenzzentrum gibt. Am 27. November berät hierzu der Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss, eine Entscheidung wird der Gemeinderat voraussichtlich am 19. Dezember fällen. Wenn der Gemeinderat die Frage nach dem Bedarf bejaht, sollen im nächsten Schritt Standortkriterien für ein neues Konferenzzentrums erarbeitet werden, auf deren Grundlage dann die Suche nach möglichen Standorten unter intensiver Beteiligung der Bürgerschaft erfolgen soll.
In den vergangenen Monaten hat die Beratungsgesellschaft CIMA eine Bedarfserhebung durchgeführt. Zusätzlich wurde eine Bürgerbeteiligung mit mehreren Modulen durchgeführt. So befragte das Max-Weber-Institut für Soziologie der Universität Heidelberg 21 Schlüsselpersonen aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und organisierter Bürgerschaft in Heidelberg.
„Die Untersuchungen zeigen ganz klar und bestätigen die bisherigen Ergebnisse: Der Bedarf für ein Konferenzzentrum ist eindeutig“, sagt Heidelbergs Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner. „Heidelberg ist hoch attraktiv als Tagungsstandort. Aber wir schöpfen dieses Potenzial bei weitem nicht aus. Wir könnten über Tagungsbesucher Jahr für Jahr erhebliche wirtschaftliche Effekte anstoßen. Dazu kann Heidelberg seinen Ruf als attraktive Wissenschaftsstadt mit einem Konferenzzentrum weltweit weiter stärken. Davon würde die gesamte Stadt profitieren. Diese Chance müssen wir weiter verfolgen.“
Drei Phasen der Planung und Beteiligung
Die Planung für ein neues Konferenzzentrum erfolgt in insgesamt drei Phasen, wobei jede Phase mit einem Gemeinderatsbeschluss abgeschlossen wird.
Die erste Phase, die Bedarfserhebung, endet mit der Entscheidung des Gemeinderates am 19. Dezember 2013. Sieht der Gemeinderat keinen Bedarf für ein neues Konferenzzentrum, ist der gesamte Prozess beendet.
Sieht der Rat einen Bedarf, geht es in die zweite Phase: die Durchführung der Standortsuche. Hierfür werden zunächst Standortkriterien entwickelt, beispielsweise zur Verkehrsanbindung, Lage oder Übernachtungskapazitäten. Auf Basis dieser Kriterien werden mögliche Standorte transparent bewertet. Am Ende dieser Phase soll der Gemeinderat eine Auswahl möglicher Standorte beschließen.
Danach folgt die dritte Phase, in der konkrete, standortbezogene Betreibermodelle durchgerechnet werden. Erst dann, wenn also belastbare Fakten zum Standort und zur Finanzierung vorliegen, soll der Gemeinderat einen konkreten Standort mit ausgewähltem Betreibermodell beschließen.
Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner macht deutlich: „Wir haben uns für ein sehr systematisches Vorgehen entschieden, an dessen Ende erst der Beschluss für die Realisierung eines Konferenzzentrums steht. Um diese Entscheidung treffen zu können, müssen die Gemeinderäte wissen, ob es einen Bedarf gibt – das steht derzeit auf der Agenda – , welche Standorte in Betracht kommen und wie ein erfolgreiches Betreibermodell aussehen kann. Wir werden diese Schritte mit viel Sorgfalt bearbeiten und dabei die Bürgerinnen und Bürger intensiv einbinden.“
Bedarfsanalyse ist abgeschlossen
Zur Frage nach dem Bedarf für ein Konferenzzentrum wurde in der ersten Jahreshälfte 2013 eine umfassende Analyse durchgeführt durch die CIMA Beratung- und Management GmbH Lübeck sowie das Max-Weber-Institut für Soziologie der Universität Heidelberg. Die Bürgerinnen und Bürger wurden in dem Prozess umfassend beteiligt.
Die Einhellige Einschätzung der Fachleute ist, dass Heidelberg ein neues Konferenzzentrum braucht. Wichtig seien dabei Kapazitäten für Veranstaltungen mit 700 bis 2.000 Personen, modernste technische Ausstattung sowie ein abgestimmtes Nutzungskonzept mit der Stadthalle. Laut CIMA können bisher ausgelagerte Kongresse wieder nach Heidelberg geholt und die Wirtschaftsinfrastruktur „erheblich aufgewertet“ werden. Die vom Max-Weber-Institut befragten 21 Schlüsselpersonen sehen unter dem Leitbild „Wissenschaftsstadt“ einen „besonderen Bedarf an Veranstaltungsräumen von 700 bis 2.000 Teilnehmern, der gegenwärtig nicht befriedigt werden kann. 20 der 21 Befragten sehen das Potenzial, Heidelberg national und international weiter zu profilieren. Die Autoren der Studie sprechen von einem „ungehobenen Schatz der Potenziale Heidelbergs“. Es gebe in Heidelberg eine äußerst seltene Konstellation von enormer Strukturstärke, vielfältigem kulturellen Leben, mittlerer Größe und internationaler Bekanntheit. Ein Konferenzzentrum an diesem Ort wäre „nur vergleichbar mit internationalen Größe wie Cambridge und Oxford und bedient auf diese Weise in Deutschland ein bisher nahezu unbelegtes Segment.“
Konferenzzentrum mögliches IBA-Projekt
Die Stadtverwaltung und Heidelberg Marketing weisen ferner darauf hin, dass ein neues wissenschaftliches Konferenzzentrum durch die Einbindung in die IBA (Internationale Bauausstellung „Wissen schafft Stadt“) und die Durchführung eines internationalen Architekturwettbewerbs wichtige städtebauliche Akzente setzen kann. Eine zusätzliche kulturelle Nutzung – wie in der Bedarfserhebung mehrfach diskutiert – wird aus betriebswirtschaftlichen Gründen als schwer umsetzbar gesehen. Stattdessen, so ein Positionspapier des Stadtmarketings, sollten sich Konferenzzentrum und Stadthalle gegenseitig ergänzen: das Konferenzzentrum betreibt ausschließlich Tagungen, die Stadthalle dagegen steht als Kultur- und Gesellschaftshaus zur Verfügung.
Begleitend zur Bedarfserhebung wurde die Bürgerschaft beteiligt. Viele Bürgerinnen und Bürger sahen den Bedarf für ein neues Konferenzzentrum, fragten aber auch kritisch nach, ob es beispielsweise Alternativen zum Neubau gäbe und wie die Konkurrenzsituation innerhalb der Metropolregion zu bewerten sei. Zudem wurde die Frage nach der Finanzierung gestellt, die in einer späteren Phase des Projekts noch ausführlich behandelt werden wird.
Bürgerbeteiligung
Der Bürgerbeteiligung kommt in allen drei Phasen eine wichtige Rolle zu. Gesteuert wird der Prozess vom Koordinationsbeirat „Neues Konferenzzentrum“. Auch für die weiteren Phasen soll der Koordinationsbeirat Beteiligungskonzepte erarbeiten und dem Gemeinderat vorlegen.
Der Koordinationsbeirat übernimmt eine lenkende und überwachende Funktion bei der Steuerung des Beteiligungsprozesses. Vorsitzender des Beirates ist der Heidelberger Rechtsanwalt Dr. Jobst Wellensiek. Die weiteren Mitglieder des Beirates sind Vertreter der Bürgerstiftung Heidelberg, des Vereins „Bürger für Heidelberg“, der Bürgerinitiative „BIEST“, der Stadtteilvereine, der Industrie- und Handelskammer, der Universität, der Kultur sowie der Stadtverwaltung Heidelberg.
Weitere Informationen sowie beide Studien zur Bedarfserhebung gibt es im Internet unter www.heidelberg.de/konferenzzentrum.