Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Kulturamt
Haspelgasse 12
69117 Heidelberg
Mobiltelefon (0 62 21) 58-3 30 10
Fax (0 62 21) 58-3 34 90

Zur Ämterseite

20-jähriges Jubiläum der UNESCO-Konvention zur Kulturellen Vielfalt

Kurzinterviews mit Persönlichkeiten aus Politik und Kultur zum Thema „Kulturelle Vielfalt“ in Heidelberg

Plakat zur Veranstaltung 20 Jahre Unesco-Konvention zur Kulturellen Vielfalt am 25. Juli 2025

Zum 20-jährigen Jubiläum der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen haben Persönlichkeiten aus Politik und Kultur in kurzen Interviews ihre Sicht  zum Thema "Kulturelle Vielfalt" geteilt.

Es wurden jeweils drei kurz Fragen gestellt. Die Interviews in alphabetischer Reihenfolge finden Sie weiter unten zum Aufklappen. Es werden fortlaufend neue Interviews veröffentlicht. 

Am 25. Juli um 18 Uhr laden wir Sie herzlich ein zum Jubiläumsprogramm in den Karlstorbahnhof Heidelberg!

Für eine Platzreservierung melden Sich bitte an unter kulturamt@heidelberg.de oder unter 06221/5833000. 

Der Eintritt ist frei, um Spenden wir gebeten.

BÄR (Musiker aus Heidelberg) - "Ich bin selbst international aufgewachsen und schätze die Perspektiven anderer Länder ..."

BÄR (Foto: Niko Neithardt).
Foto: Niko Neithardt 

Was verstehen Sie unter kultureller Vielfalt? 
 
BÄR: Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig, Menschen mit unterschiedlichen Geschichten, Vorlieben und Anliegen. Genau diese Vielfalt darf und sollte auch in dem Kulturangebot unserer Stadt gespiegelt werden.   
 
Warum sind Ihrer Meinung nach der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt wichtig? 
  

BÄR: Wir wissen, dass Monokulturen auf Dauer ungesund sind, und genau deswegen sollten wir wie ein guter Gärtner darauf achten, dass die Kultur in unserer Stadt vielfältig und dadurch gesund und stark wächst. Das stärkt Vertrauen und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Außerdem macht es so viel mehr Spaß! 
 
Warum ist aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit internationaler Künstler in Heidelberg und der Region wertvoll? 
 
BÄR: Ich bin selbst international aufgewachsen und schätze die Perspektiven anderer Länder und Kulturen sehr. Die Erkenntnis, dass das Leben und der künstlerische Ausdruck in anderen Ländern total unterschiedlich sein kann eröffnet einen Weitblick und schafft Brücken die gerade jetzt in unserer Zeit extrem wichtig sind! 

belmonte (Heidelberger Autor)

Um den Beitrag sehen sehen zu können, starten Sie bitte das Video.

Ralph Dutli (Autor) - "Vielfalt braucht Falten, Ritzen, Rillen ..."

Ralph Dutli (Foto: Catherine Dutli-Polvêche)
Foto: Catherine Dutli-Polvêche

"Vielfalt braucht Falten, Ritzen, Risse, Rillen, nix Glattes, um Himmels willen."

Wie zeigt sich Ihrer Meinung nach die kulturelle Vielfalt in unserer Stadt Heidelberg? 
 Ralph Dutli: Sie zeigt sich, wo sie kann, in der Fülle. Kleine demütige Bewunderung der Vielfalt. Sie ist kein Gewimmel (aber doch eine Art Himmel, also offen). Jede künstlerische Arbeit ist zunächst eine Einsamkeit, eigenwillige Vereinzelung, von Scheu besetzt, die Glück bedeutet, keinen Gedanken ans Öffentliche braucht. Erst mit dem Hinaustreten in die öffentliche Vielfalt kommt das Glück des Teilens hinzu. Dann grüßt die Einzahl die Vielheit. Vielfalt braucht Falten, Ritzen, Risse, Rillen, nix Glattes, um Himmels willen. Was Kultur sein soll, sein darf: Verwandlung und Anverwandlung, Austausch, großzügiges Geben und Nehmen, dem Fremden entgegengestreckte Hände. Und nicht zuletzt: eine Schule der Empathie und der Einfühlung. Kultur ist der Name für ein Einwanderungsland.   Welche Möglichkeiten ergeben sich für Sie daraus, dass viele Künstlerinnen und Künstler aller Sparten in Heidelberg leben? 
 Ralph Dutli: Ich mag nicht in „Möglichkeiten“ und „Vorteilen“ denken, das ist mir zu marktwirtschaftlich in einer Zeit, wo der „Deal“ eine neue Staatsreligion zu werden droht. Kultur ist klimatisch. Unbevorteilt. Sie besprengt generös die städtische Atmosphäre, vor Austrocknung schützend. Gutes Klima hier, das Früchte bringt. Sonst droht die kulturelle Klimakatastrophe. Das Angebot kann sich sehen lassen. Ich greif nach der Brille. Man muss nicht alles wählen (mögen), aber wer will, soll in der Vielfalt dürfen. Wir sollten uns im Übrigen alle nicht so ernst nehmen. Wer weiß schon, dass das Wort „Clown“ wortgeschichtlich mit dem Wort „Kultur“ verwandt ist? Der Spender ist der lateinische „colonus“, also der Bauer. Der Poet ist Clown und Bauer. Kultur hat wortgeschichtlich mit der Landwirtschaft zu tun: mit dem Urbarmachen, Pflanzen, Säen, Veredeln, Hegen und Pflegen. Aber eben auch mit Clownerie und Karneval, der die hierarchiefreie Vielfalt spielend inszeniert.   Welche Vorteile ergeben sich für Sie daraus, dass Menschen aus über 160 Nationen hier leben? 
 Ralph Dutli: Die Verkleinerung der Einsamkeit, die Vergrößerung des Hallraums. Diktatoren (immerzu „auf dem Nationalschlauch stehend“, Zitat Marcel Beyer) wünschen sich Einheitskultur, Uniformierung. Vielfalt ist anti-autokratisch. Das Bloß-nur-Eigene ist Beschränktheit, Kunst ist Überschreiten der Grenze(n). Ein Wunsch, sich dem Fremden auszusetzen und es anzunehmen, durch es hindurch ins Eigene zu gelangen, das einem dann getrost fremd werden kann. Kunst meint: Heilsam befremden. Kultur will in der Vielfalt durchfremdet werden, sonst wäre sie keine. 

Markus Artur Fuchs (Geschäftsführer KontextKommunikation GmbH /Cofounder Good Impact Magazin) - "Vielfalt stabilisiert ..."

Markus Artur Fuchs (Foto: KontextKommunikation GmbH).
Foto: KontextKommunikation GmbH

Was bedeutet "Kulturelle Vielfalt" Ihrer Meinung nach? 
 
Markus Artur Fuchs: Vielfalt ist das Gegenteil von Einfalt. Vielfalt stabilisiert die Gesellschaft genauso wie Biodiversität ein Ökosystem.  
Sie ist die Basis für ein lebenswertes Leben mit individuellen Ausprägungen auch abseits der Norm.  
Über kulturelle Vielfalt können unterschiedliche Perspektiven aufgetan und erlebt werden und neue Einsichten in unbekannte Gedanken- und Lebenswelten gemacht werden.  
 
Warum sind der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt aus Ihrer Sicht wichtig? 
 
Markus Artur Fuchs: Monokulturen sind anfällig für Parasiten. 
Kultur braucht Vielfalt und freien Raum, um an- und aufstoßen zu können und damit einen Diskurs und das Verlassen der Komfortzone anzuregen. 
  
Warum ist Ihrer Meinung nach die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen so wichtig für die UNESCO City of Literature Heidelberg? 
 
Markus Artur Fuchs: Es ist grundsätzlich für jede Stadt wichtig, Menschen aller Lebenswelten (Alter, Herkunft, Geschlecht, Bildung, Klasse) einzuladen und zu fördern, sich über Kultur auszudrücken und daran teilzuhaben. Dafür braucht es konkrete Räume und generelle Offenheit - hier ist auch in Heidelberg noch Luft nach oben. 
 
Mit welchen Maßnahmen kann Ihrer Meinung nach die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen erhalten und gestärkt werden? 
 
Markus Artur Fuchs: Kulturelle Bildung / Demokratievermittlung / Diskursformate / Medienkompetenz / Recherchefähigkeit / Förderung von Denkvermögen … 
dafür gibt es viele engagierte Organisationen in der Stadt, deren Handlungsfähigkeit nicht weiter eingeschränkt werden, sondern im Gegenteil: mehr unterstützt werden sollte! 
 

Prof. Dr. Hartwig Lüdtke (Stellvertretender Präsident der Deutschen UNESCO-Kommission) - "Denn kulturelle Vielfalt ist Treiber von Frieden ..."

Prof. Dr. Hartwig Lüdtke (Foto: Deutsche UNESCO Kommission).
Foto: Deutsche UNESCO Kommission

Welches sind aus Ihrer Sicht wichtige Kernelemente der UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen? 

Prof. Dr. Hartwig Lüdtke: Das Grundverständnis, worauf die Konvention beruht, ist, dass Kultur nicht nur einen ökonomischen Wert hat, sondern auch einen Eigenwert besitzt – und zwar als Träger von Identitäten, Werten und unserem reichen kulturellen Erbe. Die Anerkennung dieser „Doppelnatur“ von Kultur verpflichtet und ermöglicht Staaten, die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen im Rahmen ihrer Kulturpolitik zu fördern. Sie schafft also gewissermaßen eine Legitimationsgrundlage für staatliche Kulturpolitik. Ein weiteres wichtiges Element, das die Konvention auszeichnet, ist das Ziel, bestehende Ungleichgewichte zwischen dem sogenannten Globalen Süden und Globalen Norden zu beheben. Denn der Kunst- und Kulturmarkt wird nahezu vollständig von den westlichen Ländern dominiert. Das Übereinkommen verpflichtet daher Staaten etwa Fördermaßnahmen und Rahmenbedingungen zugunsten der Länder des Globalen Südens zu gestalten. Die „Fair Culture Initiative“ der Deutschen UNESCO-Kommission, die sich für weltweit faire Arbeitsbedingungen im Kultursektor einsetzt, ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie die Umsetzung dieses Ziels in der Praxis aussehen kann. Denn nur durch gleiche und faire Bedingungen kann kulturelle Vielfalt gedeihen. Es gibt noch viele weitere wichtige Elemente der Konvention, eines möchte ich noch hervorheben: Alle Staaten, welche das Übereinkommen unterzeichnet haben – bisher waren das 157 Staaten und die EU - haben die Rolle von Kultur und kultureller Vielfalt als Hauptantriebskraft für nachhaltige Entwicklung, für internationalen Dialog und Frieden anerkannt. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um Kultur verstärkt in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen. 

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu schützen? 

Prof. Dr. Hartwig Lüdtke: Kulturelle Vielfalt wird oftmals als etwas Gegebenes und Selbstverständliches wahrgenommen. Tatsächlich ist unsere kulturelle Vielfalt aber schon Vielfach in der Geschichte der Menschheit bedroht worden. Und auch aktuell erleben wir, dass die Kultur weltweit unter Druck ist: von außen, etwa durch die rasante Verbreitung Künstlicher Intelligenz oder den Klimawandel, von innen durch zunehmenden Nationalismus und auch finanziell, wie wir das vielerorts an den Haushaltseinsparungen sehen. Dabei ist Kultur das, was uns als Individuen und Gesellschaften ausmacht und daher von universellem Wert ist. Kulturelle Vielfalt ist ein Menschenrecht, genauso wie das Recht auf Meinungsfreiheit oder Bildung. Wir müssen also sicherstellen, dass jede und jeder Zugang zu Kultur hat, dass alle die Möglichkeit haben, gleichberechtigt und frei am Kulturschaffen mitzuwirken. Das kann nur gelingen, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen und eine lebendige Vielfalt fördern. Das ist mit Blick auf die gesamte gesellschaftliche Entwicklung wichtig: Denn kulturelle Vielfalt ist Treiber von Frieden, Dialog, Innovation, Resilienz, aber auch von wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Entwicklung. Ohne kulturelle Vielfalt wäre unsere Welt in vielerlei Hinsicht ärmer. 
 
Warum ist aus Ihrer Sicht die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen im Kontext internationaler Kooperationen wichtig? 

Prof. Dr. Hartwig Lüdtke: Kultur ermöglicht Verständigung über unsere Werte, unsere Gemeinsamkeiten und Unterschiede, darüber wie wir zusammenleben möchten und wie sich die Gesellschaft in Zukunft entwickeln soll. Wenn wir also die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen fördern, fördern wir auch die Möglichkeiten für Dialog, im Kleinen auf lokaler Ebene, aber auch im Großen auf internationaler Ebene. Nur durch den Dialog entsteht gegenseitiger Respekt, ohne den wiederrum internationale Kooperation nicht möglich ist. Das Creative Cities Netzwerk der UNESCO ist hier ein besonders gutes Beispiel: über die Kultur treten die Städte miteinander in Austausch, sie teilen Erfahrungen und Wissen und fördern Partnerschaften zwischen Städten, der Zivilgesellschaft und der Kreativwirtschaft. Dieser intensive interkulturelle Dialog trägt zum Abbau von Vorurteilen bei, zur Eröffnung neuer Perspektiven und damit ganz wesentlich zur Friedensbildung und nachhaltiger Entwicklung. 
 

Cora Malik (Geschäftsführerin Karlstorbahnhof) - "Für mich ist das ein großer Tisch, an dem viele verschiedene Menschen Platz nehmen ..."

Cora Malik (Foto: Luigi Toscano).
Foto: Luigi Toscano

Wie zeigt sich Ihrer Meinung nach kulturelle Vielfalt?
 Cora Malik: Ein Raum, der viele verschiedene Perspektiven enthält, ist immer spannender, diskursiver und abwechslungsreicher. Es gibt Überschneidungen und Differenzen und das sorgt für Kreativität und Entwicklung. Darum ist es wichtig, Platz zu machen für verschiedene Positionen, Erfahrungen und Sichtweisen.    Welche Bedeutung kommt der kulturellen Vielfalt für die Entwicklung der Stadtgesellschaft Ihrer Meinung nach zu?
 Cora Malik: Die diverse Stadtgesellschaft fordert kulturelle Vielfalt ein. Das sollte sich auf allen Ebenen in der Realität abbilden. Wenn das gelingt, ist die kulturelle Vielfalt ein Motor, der uns gemeinsam voranbringt. Für mich ist das ein großer Tisch, an dem viele verschiedene Menschen Platz nehmen und sich gegenseitig inspirieren und unterstützen.   Welche Voraussetzungen sollten gegeben sein, damit sich die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen entfalten kann?
 Cora Malik: Dafür braucht es gleichberechtigen Zugang zur Kultur aber auch das Verständnis der Kulturschaffenden, dass sich Gesellschaft und Publikum verändert.     

Dominique Mayr (Geschäftsführer Klangforum Heidelberg) - "Kulturelle Vielfalt ist daher unbedingt zu bewahren, ..."

Dominique Mayr (Foto: Thilo Ross).
Foto: Thilo Ross

Was verstehen Sie unter kultureller Vielfalt? 
 Dominique Mayr: Kultur ist auf unterschiedlichsten Ebenen vielfältig. Angefangen von den verschiedenen Ausdrucksformen und Genres der einzelnen Kunstgattungen, bis hin zu der Vielfältigkeit der Akteur*innen, die gerade in unserem Bereich einen sehr internationalen Background haben. Gerade davon lebt die kulturelle Qualität, da die unterschiedlichen Perspektiven der internationalen Mitwirkenden und individuellen Lebensformen so etwas Einmaliges schaffen.  Warum ist aus Ihrer Sicht der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt so wichtig? 
 Dominique Mayr: Wenn die kulturelle Vielfalt und Freiheit nicht mehr gegeben wäre, könnte der künstlerische Prozess nicht mehr uneingeschränkt stattfinden - was fatal wäre. Kulturelle Vielfalt ist daher unbedingt zu bewahren, da Kunst nur dann frei und aus sich heraus wirken kann.  Welche Voraussetzungen benötigt eine Stadt aus Ihrer Sicht, um kulturelle Vielfalt zu schützen und zur Entfaltung zu bringen? 
 Dominique Mayr: Wichtig wäre es, dass die politischen Rahmenbedingungen die kulturelle Vielfalt nicht einschränken. Dies funktioniert nur dann, wenn die Vertreter*innen in den politischen Gremien eben auch die kulturelle Vielfalt aktiv unterstützen und schützen. Auch könnte ein aktiv formuliertes Leitbild und Selbstverständnis für die kulturelle Vielfalt diesen Prozess sehr positiv begleiten.  

Team der Muslimischen Akademie Heidelberg - "Weil kulturelle Vielfalt unsere Stadt lebendig, kreativ und zukunftsfähig macht ..."

Teamfoto Muslimische Akademie Heidelberg (Foto_Joe Pohl).
Teamfoto Muslimische Akademie Heidelberg (Foto_Joe Pohl).

Wie zeigt sich Eurer Auffassung nach die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen? 
Vielfalt zeigt sich in Sprachen, religiösen Praktiken, Festen, Musik, Kleidung, Essen, Geschichten und Perspektiven – überall dort, wo Menschen ihre Herkunft und ihre Erfahrungen einbringen. Vielfalt prägt den Alltag und das Miteinander in Heidelberg. 
 Welche Voraussetzungen sind aus Eurer Sicht notwendig, damit sich diese Vielfalt entwickeln und sichtbar werden kann? 
Vielfalt braucht Anerkennung, Schutz vor Diskriminierung, gleiche Zugänge zu Bildung, Kultur und politischer Teilhabe – sowie Räume, in denen alle Stimmen gehört und sichtbar werden, in denen Menschen sich zeigen, austauschen und voneinander lernen können, frei von Vorurteilen und Ausgrenzung. 
  Warum sind für Euch der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt in Heidelberg wichtig? 
Weil kulturelle Vielfalt unsere Stadt lebendig, kreativ und zukunftsfähig macht, und weil sie Gerechtigkeit, Respekt und Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft fördert. Weil jede Stimme zählt. Weil Vielfalt verbindet. Und weil sie unsere Stadt menschlicher, bunter und lebenswerter macht – für alle. 
  

Prof. Dr. Anne Peters (Direktorin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg) - "Das Abkommen sagt, dass kulturelle Vielfalt ein wichtiger Wert ist, sogar 'gemeinsames Menschheitserbe'."

Prof. Dr. Anne Peters (Foto: privat)
Foto: privat

Warum ist aus Ihrer Sicht die „UNESCO Konvention zum Schutz und zur Förderung der  Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ ein wichtiges Dokument?

Anne Peters: Dieses Abkommen wurde im Jahr 2005 vor dem Hintergrund des Globalisierungsschubs und der Weltmarktliberalisierung ab den 1990er Jahren geschlossen. Denn kulturelle Vielfalt ist sowohl ein ideelles als auch ein wirtschaftliches Gut (Kultur als Ware und Dienstleistung). Durch die Verstärkung des internationalen Handels, auch mit künstlerischen Produkten und Kulturleistungen aller Art, entsteht Druck auf örtliche Kulturschaffende. Es droht eine weltweite Coca-Cola Kultur. Insbesondere Frankreich hatte ein großes Interesse an diesem Abkommen, um - vereinfacht gesagt - französische Filme vor Hollywoodprodukten zu schützen. Die UNESCO-Konvention ist, so gesehen, ein „Gegenabkommen“ zur Welthandelsorganisation (WTO). Das Abkommen muss „komplementär” und in „gegenseitiger Unterstützung“ mit anderen internationalen Verträgen (also etwa den Abkommen zum geistigen Eigentum, zum Handel mit Dienstleistungen, zu Menschenrechten und zum Artenschutz) angewendet werden. Jedoch sieht das Abkommen nur Berichtspflichten vor und verfügt nicht über starke Durchsetzungsmöglichkeiten. Die meisten Vorschriften sind programmatisch und nicht präzise genug, um unmittelbar von nationalen Gerichten angewendet zu werden. Es enthält jedoch verbindliche Leitlinien für die Politik und Rechtssetzung jedes der 159 Vertragsstaaten.

Welches sind aus Ihrer Sicht wichtige Inhalte dieser Konvention?

Anne Peters: Das Abkommen spricht nicht nur von der Akzeptanz kultureller Vielfalt, sondern verlangt auch eine aktive staatliche Förderung. Eine solche ist notwendig, da sonst Nischenkulturen nicht überleben könnten, da sie keinen ausreichenden Markt finden. Hier stellt sich dann die Folgefrage der Auswahl der förderungs“würdigen“ Kultur. Kulturelle Praktiken und Ausdrucksformen sind Teil der Menschenrechte und im Rahmen der Kunstfreiheit, des Rechts auf Familienleben usw. geschützt. Sie können aber auch in Spannung und Gegensatz zu den Menschenrechten anderer Betroffener geraten. Deshalb ist wichtig, dass regionale kulturelle Besonderheiten respektiert werden, etwa bei der Behandlung von Tieren oder Bekleidungsvorschriften, und hier haben die Vertragsstaaten einen Beurteilungsspielraum, der durch dieses Abkommen hervorgehoben wird. Aber natürlich ist kulturelle Vielfalt kein Blankoscheck. Das Abkommen sagt ausdrücklich, dass kulturelle Vielfalt nicht als Vorwand für die Verletzung von Menschenrechten genutzt werden darf. Wo aber genau die Grenze zur Verletzung von Menschenrechten liegt, kann schwer abstrakt festgelegt werden. Weibliche Beschneidung ist beispielsweise eine solche rote Linie, aber beim Stierkampf ist die Lage schon weniger klar. 

Warum ist aus Ihrer Sicht diese Konvention gerade gegenwärtig von großer Bedeutung für den europäischen Zusammenhalt?

Anne Peters: In Zeiten von gesellschaftlicher Spannung, Polarisierung und nationalistischen Bestrebungen in Europa ist das Abkommen besonders wichtig. Das Abkommen operationalisiert das Motto der EU: „Einheit in Vielfalt“, indem es kulturelle Vielfalt als Chance und nicht als Bedrohung begreift. Es ergänzt auch das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats.

Wie trägt die Förderung der kulturellen Vielfalt zur Völkerverständigung bei?

Anne Peters: Das Abkommen sagt, dass kulturelle Vielfalt ein wichtiger Wert ist, sogar „gemeinsames Menschheitserbe“. Es bekräftigt, dass kulturelle Vielfalt in einer demokratischen, toleranten Umgebung unverzichtbar ist für Frieden und Sicherheit. In Zeiten der ideologischen Polarisierung ist dies so wichtig wie nie, und hier nennt das Abkommen mit „Interkulturalität“ ein wichtiges Schlagwort. Die Förderung kultureller Vielfalt in Toleranz und in gegenseitigem Respekt ist unverzichtbar, um den Menschen in Zeiten des Umbruchs und existentieller Angst Identitätsanker zu bieten. Wichtig ist es aber, „Identitätsbunker“ zu verhindern, die wiederum die Vielfalt von Ausdrucksformen bedrohen. Das Abkommen soll auch dagegen steuern, dass in vielen Staaten Minderheitenkulturen von Regierenden unterdrückt werden, weil diese Angst haben, dass die Gruppen auch politische Selbstbestimmung fordern oder sich gar vom Staat abspalten wollen. Denn natürlich kann Kulturschaffen auch politische Botschaften transportieren. Beispielsweise gab es in den baltischen Staaten eine Bewegung gegen die Sowjetunion durch Gesang. Ein wichtiges Thema des Abkommen ist auch die Entwicklungszusammenarbeit und die Bedeutung kulturelle Vielfalt für Entwicklung. Dies ist ein Anliegen der Staaten des globalen Südens, das in unserer postkolonialen Konstellation besonders ernst genommen werden muss. Der Vorwurf von „kultureller Aneignung“ und die Erfahrung des Diebstahls von traditionellem Wissen unter Missachtung des geistigen Eigentums indigener Gruppen (etwa Webmuster und anderes Design) spiegelt sich in einigen den Vorschriften des Abkommens. In extremen Fällen wird manchmal von „kulturellem Völkermord“ gesprochen, dieser ist aber auf internationaler Ebene nicht als Straftat anerkannt. 

Martina Pfister (Bürgermeisterin für das Dezernat „Kultur, Bürgerservice und Kreativwirtschaft“ der Stadt Heidelberg) - "Mit einer Förderung ..."

Martina Pfister (Foto: DEZERNAT#16_Dirk Welz).
Foto: DEZERNAT#16_Dirk Welz

In Heidelberg leben Menschen aus über 160 Nationen. Welche Bedeutung kommt der Förderung der kulturellen Vielfalt gerade in unserer Stadt zu?  Martina Pfister: Sie sollte eine Selbstverständlichkeit sein in einer Stadt, in der wir stolz und dankbar sind auf unsere Vielfalt und es unser Anspruch und Wunsch ist, dass sich jeder und jede in unserer Stadt zu Hause fühlt.  Welche Voraussetzungen braucht es, damit sich kulturelle Vielfalt in unserer Stadt zeigen kann?  Martina Pfister: Gelebte Offenheit für andere Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, Zugangsmöglichkeiten aller Kulturen zu den entsprechenden Ausdrucks- und Verbreitungsformen, Awareness und Zivilcourage aller, sollten einzelne die anfangs genannte Offenheit nicht leben.  Wie kann kulturelle Vielfalt gefördert werden?  Martina Pfister: Respektvoller Umgang mit Vielfalt und das Schaffen von niederschwelligen Begegnungsräumen.  Wie kann aus Ihrer Sicht die Förderung kultureller Vielfalt zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts beitragen?  Martina Pfister: Mit einer Förderung können Begegnungen geschaffen werden und Begegnung ist „schädlich“ für Vorurteile.  

Georg Stein (Verleger Palmyra Verlag) - "Insofern ist die Verteidigung einer kulturellen Vielfalt immer auch untrennbar verbunden mit der Achtung der Menschenwürde." 

Georg Stein (Foto Palmyra Verlag).
Georg Stein (Foto Palmyra Verlag).

Welche Rolle spielt die internationale kulturelle Vielfalt im Programm Ihres Verlags „Palmyra“?   Der Hauptschwerpunkt des Palmyra Verlags sind der Nahe Osten und die arabisch-islamische Welt. Die Komplexität dieser Region soll durch die Vermittlung von politischen, historischen und kulturellen Hintergrundinformationen transparenter gemacht werden. Die Notwendigkeit eines Dialogs zwischen den Konfliktparteien in der Nahostregion aber auch zwischen dem Westen und der arabisch-islamischen Welt bedingte zwangsläufig auch die Veröffentlichung unterschiedlicher kultureller Positionen. So erschienen bei Palmyra u.a. in Kooperation mit dem Goethe-Institut ein Buch über den deutsch-arabischen Literaturaustausch sowie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie der Universität Heidelberg eine Veröffentlichung mit verschiedenen AutorInnen aus unterschiedlichen Herkunftsländern.  Was bedeutet "Kulturelle Vielfalt" Ihrer Meinung nach?   Kulturelle Vielfalt bzw. Diversität bedeutet vor allem, für Menschen mit unterschiedlicher kultureller Herkunft ein Umfeld herzustellen, in dem die "Andersartigkeit" anerkannt und wertgeschätzt wird. Insofern ist die Verteidigung einer kulturellen Vielfalt immer auch untrennbar verbunden mit der Achtung der Menschenwürde.    Warum sind der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt aus Ihrer Sicht wichtig?   Eine vielfältige Kulturszene ist immer auch ein Impulsgeber für neue Ideen im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen; somit ist sie stets auch eine Art soziales Bindemittel. Vielfältige Kulturformen sind zudem natürlich auch elementare Bausteine einer offenen und demokratischen Gesellschaft - gerade auch in Zeiten, in denen rechtspopulistische Kräfte immer deutlicher eine kulturpolitische Wende nach rechts fordern. Den Angriffen auf den freiheitlichen Kulturbegriff gilt es mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.    Warum ist Ihrer Meinung nach die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen so wichtig für die UNESCO City of Literature Heidelberg?   Mit diesem wichtigen Übereinkommen von 2005 schützt die UNESCO die nationale Kulturpolitik sowie die öffentliche Kunst- und Kulturförderung. Da die Konvention quasi das einzige völkerrechtlich bindende Dokument bezüglich der internationalen Kulturpolitik darstellt, ist sie für alle Kulturbereiche von großer Bedeutung - und somit natürlich auch für Heidelberg als City of Literature.     Mit welchen Maßnahmen kann Ihrer Meinung nach die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen erhalten und gestärkt werden?   Für die Erhaltung und Stärkung der kulturellen Vielfalt ist es besonders wichtig, dass die kulturelle Teilhabe alle gesellschaftlichen Gruppen mit ihren unterschiedlichen Kultureinrichtungen aus den Bereichen Musik, Literatur, Theater und Kunst einbezieht. Genauso wichtig ist aber auch, dass auf lokaler und regionaler Ebene grundsätzlich nicht nur die sogenannte "Hochkultur" bzw. Mainstreamkultur gefördert wird, sondern auch der breite Bereich der sogenannten "Populär- bzw. Subkultur". Hierzu zählt natürlich auch all das, was generell als "Multikulti" bezeichnet wird, ein Begriff der leider immer mehr in Misskredit gerät.           

Uschy Szott (Haus der Jugend Heidelberg) - "Ich sehe aber auch eine große Lust..."

Uschy Szott (Foto: Bernd Siebold).
Foto: Bernd Siebold

"Ich sehe aber auch eine große Lust in unserer Stadtgesellschaft..."

Wie wirkt es sich Ihrer Auffassung nach auf die Stadtgesellschaft aus, dass viele Künstlerinnen und Künstler aller Sparten in Heidelberg leben? 
 Uschy Szott: Heidelberg ist eine einerseits sehr “ bunte” und junge Stadt, andererseits gibt es sehr einflussreiche ältere Stadtbewohner, die viele sehr wünschenswerte Entwicklungen ausbremsen, das bedeutet, alle diese Künstlerinnen und Künstler haben es nicht einfach, ihre Arbeiten und ihr Schaffen hier in Heidelberg umzusetzen. Ich sehe aber auch eine große Lust in unserer Stadtgesellschaft auf neue Entwicklungen, sehe aber auch große Unterschiede, wie das in den einzelnen Stadtteilen angenommen wird.   Welche Möglichkeiten eröffnen sich für Ihre Arbeit aus der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern anderer Sparten? 
 Uschy Szott: Wir  arbeiten seit Jahren im Haus der Jugend mit den unterschiedlichsten Kooperationspartnern, im Tanzbereich war das schon immer sehr einfach und vielseitig möglich, inzwischen hat sich das aber auch auf andere Bereiche des Hauses wie dem Kunst, Musik, Theater oder Sportbereich ausgeweitet. Bespiele gibt es da  mit Literatur, Museumsarbeit, Wissenschaft, politische Bildung ...   Welche Möglichkeiten bietet die Sparte Tanz für die Zusammenführung von Personen aus verschiedensten Herkunftsländern in Heidelberg? 
 Uschy Szott: Auch da gibt es viele Vernetzungen, aber was wir seit den 80ger Jahren z.B. geteilt haben sind die Partnerschaftsaustauschprojekte mit Cambridge, Montpellier, Rechovot, Bautzen, Japan, und ehemals Simferopol, Kooperationen mit Chören oder Theater/Tanzgruppen aus verschiedensten Ländern und letztendlich die täglichen Besucher/innen des Haus der Jugend mit den unterschiedlichsten Wurzeln weltweit. 

Dr. Petra Thiel (Direktorin des Konfuzius Instituts an der Universität Heidelberg) - "Kulturelle Vielfalt ist somit vielstimmig – manchmal harmonisch, manchmal dissonant, doch immer lebendig und lohnend."

Dr. Petra Thiel (Foto: Gülay Keskin).
Foto: Gülay Keskin

Was verstehen Sie unter kultureller Vielfalt?

Petra Thiel: In den Gesprächen des Konfuzius erklärt er „Wenn drei miteinander unterwegs sind, dann ist sicher einer darunter, der mir ein Lehrer sein kann 三人行必有我師焉, Buch VII.22“. Dieser Grundsatz der offenen Begegnung und des dialogischen Lernens ist Teil eines gelingenden Austauschs, der kulturelle Vielfalt und unterschiedliche Perspektiven zulässt und verhandelt. Kulturelle Vielfalt erfordert Grenzüberschreitungen in vielerlei Hinsicht – nicht nur kulturelle, sondern auch sprachliche und intellektuelle. Sie erfordert auch die Fähigkeit zuzuhören und ein Gespräch zu führen. Als Kulturvermittler:innen werden wir in diesem Dialog aufgefordert, uns auf ungewohnte Perspektiven, auf andere Begriffswelten einzulassen, sie zunächst in unsere eigenen Begriffe zu übersetzen, sie aber schließlich mit den Augen des a/Anderen neu zu sehen, um im besten Fall (und ganz in Konfuzius‘ Sinn) voneinander zu lernen. Kulturelle Vielfalt ist somit vielstimmig – manchmal harmonisch, manchmal dissonant, doch immer lebendig und lohnend.
 
Welche Rolle spielen spartenübergreifende Projekte aus Ihrer Sicht für die Lebendigkeit der kulturellen Vielfalt?

Petra Thiel:  Spartenübergreifende Projekte beleben kulturelle Vielfalt, weil sie Grenzen überschreiten und Begegnungen zulassen – zwischen Disziplinen und zwischen Menschen. Dadurch können neue Ausdrucksformen entstehen, Dialoge angestoßen und ein gemeinsames Erleben ermöglicht werden.
 
Warum sind aus Ihrer Sicht der Schutz und die Pflege der kulturellen Vielfalt in internationalen Kooperationen wichtig?

Petra Thiel: In einer Zeit globaler Spannungen, Polarisierung und ökologischer Krisen ist kulturelle Vielfalt kein Luxus, sondern eine Überlebensressource. Internationale Kooperationen, die sie schützen und pflegen, stärken Resilienz, fördern Empathie und schaffen Räume für Austausch und Verständigung jenseits politischer oder wirtschaftlicher Interessen. Vielfalt ist das Gegenteil von Einfalt – und damit auch ein Gegengewicht zu Radikalisierung und Abschottung.

Christian Weiß, Verleger Draupadi Verlag - '"Kulturelle Vielfalt' bedeutet, dass man andere Lebensweisen als die eigene mit Respekt betrachtet und behandelt."

Christian Weiß (Foto Draupadi Verlag).
Foto: Draupadi Verlag

Welche Rolle spielt die internationale kulturelle Vielfalt im Programm Ihres Verlags „Draupadi“?
 
Christian Weiß: Die internationale kulturelle Vielfalt spielt im Programm des Draupadi Verlag eine sehr große Rolle. Anfangs (nach der Gründung 2003) verlegte der Verlag ausschließlich Literatur mit Bezug zu Indien. Später kamen andere Länder dazu (Deutschland, Argentinien, Kongo, Mauretanien u.a.), aber der Schwerpunkt ist und bleibt Indien.
 
Was bedeutet "Kulturelle Vielfalt" Ihrer Meinung nach?
 
Christian Weiß: „Kulturelle Vielfalt“ bedeutet, dass man andere Lebensweisen als die eigene mit Respekt betrachtet und behandelt.
 
Warum sind der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt aus Ihrer Sicht wichtig?
 
Christian Weiß: Der Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt ist wichtig, weil wir in einer multikulturellen Gesellschaft leben. Wir müssen die Menschen aus anderen Ländern und Kulturen verstehen. Sonst gibt es Probleme.
  
Warum ist Ihrer Meinung nach die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen so wichtig für die UNESCO City of Literature Heidelberg?
 
Christian Weiß: Wir müssen erreichen, dass Menschen aus anderen Ländern, die in Heidelberg leben, sich hier wohlfühlen und nicht das Gefühl haben, Fremde zu sein.

Mit welchen Maßnahmen kann Ihrer Meinung nach die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen erhalten und gestärkt werden?
 
Christian Weiß: Literatur kann dabei helfen, die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zu erhalten und zu stärken. Ein Beispiel dafür ist das Buch “InderKinder”, in dem die Kinder von Menschen, die aus Indien nach Deutschland migriert sind, über ihre Erfahrungen berichten.

Bonka von Bredow (Leiterin des Interkulturellen Zentrums) - "Kulturelle Vielfalt erweitert unser Wissen, fördert den Perspektivwechsel und ..."

Bonka von Bredow (Foto: Lys Y. Seng).
Foto: Lys Y. Seng

Was ist aus Ihrer Sicht unter kultureller Vielfalt zu verstehen? 

Bonka von Bredow: Kulturelle Vielfalt steht in engem Zusammenhang mit künstlerischer Freiheit, individueller Entfaltung sowie mit der Achtung der Menschenrechte und der Würde jedes Einzelnen. Sie stiftet Identität und Zugehörigkeit, verbindet Menschen und Kulturen. Kulturelle Vielfalt erweitert unser Wissen, fördert den Perspektivwechsel und schafft Raum für Begegnung und Austausch. Sie ist kein Phänomen der Gegenwart, sondern ein zeitloser und dynamischer Motor für Frieden, Verständigung, Fortschritt und Erfolg, ein prägendes Element unserer Menschheitsgeschichte seit ihren Anfängen.  

Warum ist aus Ihrer Sicht Kulturelle Vielfalt gegenwärtig so wichtig? 

Bonka von Bredow: In einer Zeit, in der bestimmte Kräfte nach „nationalen Leitkulturen“ verlangen und damit unsere Gesellschaft polarisieren, bietet kulturelle Vielfalt die überzeugendste und zugleich natürlichste Antwort. Sie ist unser stärkstes Argument gegen Spaltung, Hass und Rassismus.  
Kulturelle Vielfalt schafft echte Chancen und trägt zu nachhaltigen Lösungen in einer zunehmend komplexen Gesellschaft bei. In ihr stecken unerschöpfliche Potentiale, sie eröffnet neue Perspektiven, erweitert unser Wissen, prägt und bereichert uns. Bewusst überschreitet sie Grenzen, um Brücken zu bauen und neue Verbindungen zu schaffen. Sie macht zivilgesellschaftliches Engagement sichtbar und stärkt unsere gemeinsamen demokratischen Werte. 

Wie trägt Kulturelle Vielfalt zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts bei

Bonka von Bredow: Kulturelle Vielfalt ist der lebendige Spiegel unserer pluralen Gesellschaft. Sie ist der kraftvolle Motor, der kulturelle und gesellschaftlichen Teilhabe sowie Bildung vorantreibt,- und damit ein unverzichtbarer Pfeiler unserer Demokratie.  
Es gilt sie, zu bewahren, sie zu stärken und mit noch größerem Nachdruck zu fördern. Die Anerkennung und der Schutz kultureller Vielfalt als grundlegendes Selbstverständnis bilden die Grundlage für ein vielfältiges Zusammenleben, das auf Dialog, Verständigung, und einem friedlichen Miteinander beruht. 
 

Ingeborg von Zadow (Theaterautorin im Verlag der Autoren Frankfurt a.M., Sprecherin der Heidelberger Autoren und zurzeit Leitung der Heidelberger Literaturscouts)

Ingeborg von Zadow (Foto Sarina Chamatova).
Foto: Sarina Chamatova

Ingeborg von Zadow: Die Vielfalt ist immer interessanter als die Einfalt. Wer das eigene Leben bereichern, seinen Horizont erweitern will, sollte sich auf andere Kultur-, Denk- und Lebensweisen auf Augenhöhe einlassen. 
Die Annahme, selbst den einzig wahren oder richtigen Weg gefunden zu haben, offenbart nicht selten die eigenen Grenzen. 
In der Überzeugung, dass andere Kulturen dasselbe Existenzrecht haben wie die eigene, öffnen sich Fenster zum Dialog, Möglichkeiten für Freundschaften und Tore zur gegenseitigen Bereicherung. In einem Leben auf einem Planeten, der uns allen ohne unser Zutun geschenkt worden ist. 

Prof. Dr. Eckart Würzner (Oberbürgermeister Stadt Heidelberg) - "Diese Vielfalt im kulturellen Ausdruck entspricht der internationalen DNA Heidelbergs"

Oberbürgermeister Eckart Würzner (Foto Stadt Heidelberg).
Oberbürgermeister Eckart Würzner (Foto Stadt Heidelberg)

Warum ist die Förderung der kulturellen Vielfalt in Heidelberg wichtig? 

Heidelberg ist eine internationale und vielfältige Stadt. Hier leben Menschen aus über 160 verschiedenen Nationen und jedes Jahr kommen neue Menschen von überallher nach Heidelberg, darunter auch Künstlerinnen und Künstler. Damit sich jeder und jede in Heidelberg zu Hause fühlen kann, ist es wichtig, dass ihre künstlerischen Interessen in unserem Kulturprogramm berücksichtigt werden und dass alle ihre Fähigkeiten in das kulturelle Leben ihrer Stadt einbringen können. Diese Vielfalt im kulturellen Ausdruck entspricht der internationalen DNA Heidelbergs. 

Warum ist der Erhalt der kulturellen Vielfalt im internationalen Kontext aus Ihrer Sicht wichtig?

Die Förderung kultureller Vielfalt stärkt den globalen Dialog, den gegenseitigen Respekt und das friedliche Zusammenleben. Mit der UNESCO-Konvention haben wir eine völkerrechtlich verbindliche Vereinbarung, die das Recht auf die kulturelle Selbstbestimmung aller Menschen sichert. Heidelberg lebt die kulturelle Vielfalt und den Austausch auf Augenhöhe durch internationale Städtepartnerschaften, die aktive Teilnahme als UNESCO City of Literature an globalen Netzwerken der UNESCO Creative Cities und durch die weltweite Vernetzung seiner Institutionen und Unternehmen. Kultureller Austausch eröffnet neue Perspektiven und macht viele Fortschritte erst möglich. Gemeinsam und mit unseren individuellen Stärken können wir globale Herausforderungen besser meistern.

Warum ist aus Ihrer Sicht die Förderung der kulturellen Vielfalt in der internationalen Zusammenarbeit gegenwärtig besonders wichtig?

Wir leben in einer Zeit globaler Krisen und militärischer Konflikte. Dies ist auch in Heidelberg zu spüren. Internationale Kulturprojekte aus Heidelberg sind in den Staatenberichten der Bundesrepublik Deutschland als gute Beispiele für Völkerverständigung präsentiert worden – beispielsweise die Übersetzerwerkstadt „Expedition Poesie“, die wir bereits mit Prag, Granada, Melbourne und Leeuwarden realisiert haben.

Auch mit unserer neuen Partnerstadt Odessa in der Ukraine an der Front zu Russland sind wir in mitfühlender Betroffenheit besonders eng verbunden und finden in neuen Kooperationen Wege zu helfen. Kulturprojekte wie „Worte des Widerstands“ der UNESCO City of Literature Heidelberg mit den ukrainischen Städten Lviv und Odessa stärken diese Verbindung und bringen für die Menschen in Kriegsgebieten ein Stück Normalität in den Alltag.

×