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Christina Reiß
Christina Reiß
Behinderten-beauftragte
Eppelheimer Straße 13
69115 Heidelberg
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www.heidelberg.de/behindertenbeauftragte

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"Ein Platz im Gedächtnis"

Inklusives Theaterprojekt zum Gedenken an die Heidelberger Opfer von "Euthanasie", Zwangssterilisation und Medizinverbrechen während der NS-Diktatur

Das Theater der Stadt Heidelberg erarbeitet in Kooperation mit der Kommunalen Behindertenbeauftragten ein inklusives Theaterstück zu den Themen "Euthanasie", Medizinverbrechen und Zwangssterilisationen an Menschen mit Behinderungen in Heidelberg.
"Ein Platz im Gedächtnis - Inklusives Projekt zu Gedenkkultur in Heidelberg" lautet der Projekttitel. Das Land Baden-Württemberg fördert das Projekt im Rahmen des Förderprogramms "Impulse Inklusion". Aufführungen finden am 6., 7. und 8. Dezember 2025 statt.

Karten gibt es bei der Theaterkasse unter Telefon 06221 5820000 oder per E-Mail. Sie können per PayPal oder Kreditkarte bezahlt werden. Nach der Bezahlung werden die Karten gerne per Post (3 Euro Versandgebühr) oder Mail (kostenfrei) zugesendet. In beiden Fällen werden gegebenenfalls noch, abhängig von der Höhe des Gesamtbetrages, Auftragsgebühren hinzugerechnet. Alternativ kann man Karten auch direkt vor Ort bei der Theaterkasse, in der Theaterstraße 10 in 69117 Heidelberg, abholen und bezahlen. Hierbei entfallen eventuelle Auftragsgebühren. Die Öffnungszeiten der Theaterkasse sind Montag bis Samstag jeweils von 11 bis 18 Uhr.

In der "Theaterzeitung" vom November / Dezember 2025 finden Sie auf Seite 3 im "Editorial" des Intentanten Holger Schultze und auf Seite 11 nähere Informationen zum Theaterprojekt. 
Die Premiere findet am Samstag, 6. Dezember um 19 Uhr im Beisein des Bundesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel im Interkulturellen Zentrum Heidelberg statt. Weitere Aufführungen am gleichen Ort finden am Sonntag, 7. Dezember, um 17 Uhr und am Montag, 8. Dezember um 19 Uhr statt. 
Die Räume sind für Mobilitätseingeschränkte zugänglich, die Aufführungen werden in Deutsche Gebärdensprache gedolmetscht, es wird eine Audiodeskription angeboten.

Bild mit Mensch im Rollstuhl für rollstuhlgerechten Zugang
Bild mit zwei Händen und den Buchstaben DGS für Deutsche Gebärdensprache.
Bild mit einem durchgestrichenen Auge und den Buchstaben AD

Die Kommunale Behindertenbeauftragte hat zur Begleitung des Projekts einen Projektbeirat berufen. 

Elf Personen des Projektbeirats bei der ersten Sitzung
Der von der KBB gegründete Projektbeirat beim ersten Treffen am 8. April 2025

Dem Projektbeirat gehören folgende Personen an:

  • Braun, Dr. Michael (vertreten am 8. April 2025 durch Billy, Dr. Jonas), Stadtarchiv
  • Blumberg, Judith, Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg, Theaterwissenschaftlerin
  • Gmelin, Jana, Theater Heidelberg, Dramaturgie
  • Hoderlein, Julius, InKlub-Theaterprojekt
  • Kraut, Daniel, Beirat von Menschen mit Behinderungen (bmb) der Stadt Heidelberg
  • Kühnle, Franziska, Theater Heidelberg, Theaterpädagogik, Leitung der Proben
  • Nolte, Prof. Dr. Karen, Direktorin des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin der Medizinischen Fakultät Heidelberg (am 8. April verhindert)
  • Reiß, Christina, Kommunale Behindertenbeauftragte Heidelberg
  • Sirrenberg, Philine, Aktionsbündnis Inklusion Heidelberg
  • Soyka, Dr. Gabriele, Initiative Stolpersteine Heidelberg (am 8. April verhindert)
  • von Bredow, Bonka, Interkulturelles Zentrum (IZ) Heidelberg
  • Wieferich, Leon, Recherche, Theater Heidelberg
  • Wohlfarth, Nora, Eltern behinderter Kinder / Archivarin
  • Wonka, Sabine, BiBeZ e.V. (am 8. April verhindert)

Im Zuge des Theaterprojekts zur Gedenkkultur für die Opfer von „Euthanasie“, Zwangssterilisation und Medizinverbrechen in Heidelberg fand am 29. Juni für den Projektbeirat eine Exkursion zur Gedenkstätte Grafeneck an. Vereinzelte Plätze wurden über das Sommerprogramm der VHS vergeben.
Auch Menschen aus Heidelberg wurden in Grafeneck auf der Schwäbischen Alb von den Nazis ermordet. Ermordet, weil sie eine Behinderung hatten oder krank waren. Darunter waren auch Kinder. In der ehemaligen Tötungsanstalt Grafeneck wurde ein Dokumentationszentrum eingerichtet.

Bei heißem Wetter startete die Gruppe mit 2 Bussen zur Gedenkstätte nach Grafeneck. Dort wurden sie von Kathrin Bauer und einem Mitarbeitenden empfangen, die über das Gelände der Gedenkstätte führten und die Teilnehmenden über die Historie informierten. Die aufgesuchten schattigen Plätze sorgten immer wieder für die nötige Abkühlung. Beim gemeinsamen Abschluss in einem Heidelberger Restaurant ließen die Teilnehmenden den eindrucksvollen Tag ausklingen.

Der Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung zum Download als PDF (581 KB)

Eine Gruppe von Menschen, stehend oder im Rollstuhl, vor einem gelben Gebäude.
Führung durch die Gedenkstätte Grafeneck (Bild: Stadt Heidelberg)

Hintergrundinformationen

Menschen mit Behinderungen sind als Opfergruppe der NS-Diktatur wenig bekannt. Mit der „Euthanasie“ wurde die „industrielle Massentötung“ an Menschen mit Behinderungen „erprobt“, viele der Verantwortlichen waren später in verantwortlicher Position bei NS-Verbrechen tätig und machten im NS-Regime Karriere (und leider teilweise auch danach noch). Die Opfergruppe der Menschen mit Behinderungen wurden Anfang 2025 (!), zur nachhaltigen Unterstützung von Erinnerungsprojekten, endlich vom Deutschen Bundestag als Opfer der NS-Diktatur anerkannt. In Berlin gibt es den Gedenkort T4, der auch umfangreiche Informationen zum Thema auf der Website vermittelt.

Ein großer runder Sandstein, rechts und links mit Kränzen zum Gedenken
Gedenkstein gegenüber des Haupteingangs der Psychiatrischen Klinik Heidelberg (Foto: Stadt Heidelberg)

Es wurden schätzungsweise mehrere Hundert Bürgerinnen und Bürger der Stadt Heidelberg Opfer der „Euthanasie“. Genau weiß das niemand, da es noch niemand untersucht hat. Sie wurden überwiegend aus Behinderteneinrichtungen außerhalb des Stadtgebiets (z.B. Johannesdiakonie Mosbach, Psychiatrie Wiesloch) unter anderem in die Vernichtungsanstalt Grafeneck gebracht. Es gab über die Tötung in der Vernichtungsanstalt auch noch weitere Tötungsfälle wie Verhungern-Lassen, Vorenthalten von medizinischer Versorgung, Töten mit Medikamenten direkt in den Einrichtungen, wie auch in der Vernichtungsanstalt Hadamar. Außerdem gab es weitere Medizinverbrechen wie Zwangssterilisationen oder auch medizinische Versuche. Viele Einrichtungen wie auch die Psychiatrische Klinik Heidelberg haben ihre Verbrechen inzwischen aufgearbeitet. Da in den Einrichtungen Menschen aus einem großen Einzugsgebiet untergebracht waren, ist es derzeit nicht möglich, sie ihrem jeweiligen Herkunftsort zuzuordnen. mehr dazu

Das Theaterprojekt hat eine lange Vorgeschichte. Seit 2018 hat Christina Reiß in ihrer Funktion als Kommunale Behindertenbeauftragte versucht, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen. 2020 war dann ein Gastspiel des Theaterstücks "Rosa B. beinah vergessen" zum Thema „Euthanasie“ geplant, das dann aber dem Corona-Lockdown zum Opfer fiel. Nach Corona war es  dann leider nicht mehr im Repertoire. 2024 entstand der Kontakt zur Historikerin Diana Kail, die zum Erbgesundheitsgericht in Heidelberg forscht und dazu ein Buch veröffentlicht hat. Bei dieser Gelegenheit wurde der Kommunalen Behindertenbeauftragten klar, wie viele Gebäude es in der Stadt gibt, an denen man vorbeikommt, ohne etwas über ihre unselige Geschichte zu wissen.
2024 entstand dann über Theater+ eine engere Zusammenarbeit mit dem Theater und Orchester der Stadt. Ausgelöst durch die Lektüre eines Romans mit Grafeneck-Bezug entwickelte die Kommunale Behindertenbeauftragte die Idee, in Heidelberg ein Theaterstück dazu zu entwickeltn - und zwar in Selbstvertretung, d.h. unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen. Als nach den Sommerferien die Ausschreibung des Landes für das Förderprogramm „Impulse Inklusion“ veröffenlicht wurde, war das Theater, namentlich Jana Gmelin, schnell überzeugt, einen Projektantrag zu stellen. Das Theaterstück wird mit einem inklusiv besetzten Ensemble aufgeführt, es werden viele Aspekte der Barrierefreiheit bei der Aufführung umgesetzt (Dolmetschung in Deutsche Gebärdensprache, Audiodeskription, der Aufführungsort ist für mobilitätseingeschränkte Menschen barrierefrei zugänglich), im von der Kommunalen Behindertenbeauftragten installierten Projektbeirat sind sowohl thematische Fachleute als auch Expertinnen und Experten in eigener Sache vertreten. Mit diesem Konzept ist es gelungen, die Landesförderung dafür zu erhalten und das Projekt im Jahr 2025 umzusetzen. 

Das Theaterprojekt wird durch die Filmemacherin Sia Friedrich-Eisenlohr, finanziert aus dem Budget der Kommunalen Behindertenbeauftragten, dokumentiert. Ziel ist, den "Platz im Gedächtnis" zu verstetigen, indem an den Gebäuden im Stadtgebiet, die für die Thematik relevant sind, Informationstafeln angebracht werden, idealerweise mit einem QR-Code, mit dem auf passende Sequenzen des Theaterstücks (oder das ganze Stück / Projekt) verlinkt wird. Sinnvoll wäre auch die Einbindung der Infos in https://nazicrimesatlas.org/en/  All dies hängt von den personellen / finanziellen Ressourcen ab. Weitere Förderanträge sollen gestellt werden.

Unter Federführung des Stadtarchivs Heidelberg wird ein "Gesamtstädtisches Konzept für ein vielfältiges Gedenken an NS-Unrecht in Heidelberg" (200 KB) erarbeitet. In der Arbeitsgruppe ist auch die Kommunale Behindertenbeauftragte vertreten, das Projekt "Ein Platz im Gedächtnis" ist Baustein des gesamtstädtischen Konzepts.

Ein messingfarbener Stolperstein in Pflastersteingröße ist n den Boden eingelassen, flankiert von einer weißen Rose
Die Kosten für die Verlegung eines Stolpersteins für Mina Bechtel hatte die Kommunale Behindertenbeauftragte übernommen (Foto: Stadt Heidelberg)

Die Stolpersteininitiative Heidelberg sorgt ehrenamtlich, mit viel Sachverstand und Engagement, dafür, dass die Heidelberger Opfer des NS-Regimes in Erinnerung bleiben.

Die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg ist ein Museum für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahme-Erfahrungen. Ihr bekannter historischer Bestand umfasst ca. 8000 Zeichnungen, Aquarelle, Gemälde, Skulpturen, Textilien und Texte, die Insass*innen psychiatrischer Anstalten zwischen 1840 und 1945 geschaffen haben. Dieser weltweit einzigartige Fundus wurde zum größten Teil von dem Kunsthistoriker und Psychiater Hans Prinzhorn (1886–1933) während seiner Zeit als Assistenzarzt  an der Psychiatrischen Klinik der Universität Heidelberg zusammengetragen.
Eindrucksvoll sind beispielsweise die Bilder von Wilhelm Werner zu seiner Zwangssterilisation. 

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