Heidelberger Forschungsprojekt untersucht Praxis der „Heilung“ queerer Menschen

Start zum Coming Out Day am 11. Oktober – Pionierarbeit in Deutschland

„Konversionsbehandlungen: Kontexte. Praktiken. Biografien“ ist der Titel eines Forschungsprojekts, das jetzt in Heidelberg startet. Als deutschlandweit erstes wissenschaftliches Projekt geht es der Frage nach, inwieweit in Deutschland versucht wurde und wird, die sexuelle Orientierung und den Geschlechtsausdruck von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans*, inter* und queeren Menschen (LSBTIQ+) zu ändern. Dabei werden auch die Folgen für die Betroffenen sogenannter Konversionsbehandlungen in den Blick genommen. Für das Forschungsprojekt wird eine bundesweite Onlineumfrage und eine umfangreiche Interviewstudie mit Betroffenen konzipiert, durchgeführt und ausgewertet. Projektleiter sind Dr. Klemens Ketelhut, Senior Researcher bei Mosaik Deutschland e.V., und Danijel Cubelic, Leiter des Amtes für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg.

Über die gesamte Laufzeit vom 1. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2023 wird das Projekt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit gefördert. Die Umsetzung liegt in den Händen von Mosaik Deutschland e.V. und dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg. Ein Fachbeirat, in dem mehr als 20 LSBTIQ+ Verbände und Forschungseinrichtungen vertreten sind, begleitet das Forschungsprojekt. Es wird am 11. Oktober anlässlich des internationalen Coming Out Days beim „Runden Tisch sexuelle und geschlechtliche Vielfalt der Stadt Heidelberg“ vorgestellt.

Gruppenfoto vor dem Brunnen auf dem Marktplatz in Heidelberg.
Wollen in Heidelberg gemeinsam wissenschaftliche Pionierarbeit zum Thema Konversionsbehandlungen queerer Menschen leisten (v.l.): Marius Emmerich (Koordinationsstelle LSBTIQ+ der Stadt Heidelberg), Yasemin Soylu (Mosaik Deutschland e.V.), Bürgermeisterin Stefanie Jansen, Dr. Klemens Ketelhut (Mosaik Deutschland e.V), und Danijel Cubelic (Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg. (Foto: Alexander Kästel)

Forschungsprojekt leistet Pionierarbeit

Stefanie Jansen, Bürgermeisterin für das Dezernat Soziales, Bildung, Familie und Chancengleichheit der Stadt Heidelberg: „Als Stadt wollen wir queere Menschen dabei unterstützen, sich frei in ihrer Identität entfalten zu können. Das neue Forschungsprojekt leistet in der Aufklärung über die Prozesse und Gefahren von Konversionsbehandlungen deutschlandweit Pionierarbeit. Dies ist nur dank der engen Zusammenarbeit von Fachstellen, lsbtiq+ Community und Verwaltung hier in Heidelberg in den letzten Jahren ermöglicht worden. Dafür danke ich allen Beteiligten.“

Das Projekt ist das Ergebnis einer 2020 eingerichteten Heidelberger Arbeitsgruppe zum Thema Konversionsbehandlungen, die aus einer Initiative des Runden Tischs, des Queeren Netzwerks Heidelberg und des Amtes für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg heraus entstanden war. Bereits 2021 führte das Amt für Chancengleichheit in Kooperation mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, dem Bundesnetzwerk Queere Bildung e.V., dem Institut für Religionswissenschaft der Universität Heidelberg und Mosaik Deutschland e.V. die international wahrgenommene Vortragsreihe „They want to kill your inner queer – Transnationale Perspektiven auf Konversionsmaßnahmen“ durch.

Nun soll das neue Forschungsprojekt von Mosaik Deutschland e.V. und dem Amt für Chancengleichheit in enger Kooperation mit lsbtiq+ Communities und der Beratungs- und Präventionsstelle PLUS e.V. den deutschen Kontext von Konversionsbehandlungen detailliert beleuchten.

Was sind Konversionsbehandlungen?

Konversionsbehandlungen versprechen, die sexuelle Orientierung eines Menschen hin zu Heterosexualität zu verändern. Bei trans- und intergeschlechtlichen Menschen zielen sie darauf ab, die geschlechtliche Identität hin zu einer Cis-Geschlechtlichkeit, dem von außen zugeschriebenen Geschlecht, zu vereindeutigen. Die Maßnahmen unterstellen die Notwendigkeit einer „Heilung“ von lsbtiq+ Menschen und führen laut aktueller Studien zu nachhaltig negativen psychischen und physischen Konsequenzen bei Betroffenen.

Hintergrund: Seit September 2020 ist Heidelberg in Anerkennung des Einsatzes für familiäre, sexuelle und geschlechtliche Vielfalt Mitglied im Netzwerk der Regenbogenstädte, dem „Rainbow Cities Network“ (RCN). Das Netzwerk ist ein internationaler Zusammenschluss von Städten, die sich der Akzeptanz von LSBTIQ+ verpflichten. Mehr Informationen zur städtischen Koordinationsstelle LSBTIQ+ gibt es online unter www.heidelberg.de/lsbtiq.

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