Tobias Wagner

Death in Brachstedt

Rezension von Sarah

Cover "Death in Brachstadt" von Tobias Wagner (© Beltz & Gelberg).

Das Debüt von Tobias Wagner

Leos Vater ist weg. Frühdemenz, da kann man nichts machen. Also nutzt Leo die einmalige Chance, um mit seinem besten Freund Henry zwei Pläne zu schmieden:

1. Den Film „Death in Brachstedt“ drehen (und das bis Freitag).

2. DIE Party ihres Lebens schmeißen und Filmpremiere feiern, zu der auch das Mädchen kommen soll, das Leo, wenn er sich nur traute sie anzusprechen, auf der Stelle heiraten würde.

Doch als Leos Vater vollends verschwindet, lassen sich Leos familiäre Probleme immer schwerer verdrängen und die Frage danach, wie ein gemeinsames Leben in Zukunft noch aussehen kann, wird immer lauter. Zusätzlich werden Leo und Henry, während sie allein sind, mit reichlich Erwachsenen konfrontiert, die irgendwie selbst nicht so richtig zu wissen scheinen, wie Erwachsensein eigentlich funktioniert. Die Entwicklung und Selbstfindung in einem solchen Umfeld „unperfekter“ Erwachsener stellt ein zentrales Thema des Romans dar.

Das Setting erinnert ein wenig an Tschick von Wolfgang Herrndorf – zwei ganz unterschiedliche Jungen, elternloser Freiraum, ihre besondere Freundschaft und der Wunsch, ein Mädchen zu beeindrucken. Doch Tobias Wagner offenbart einen ganz eigenen Blick auf den Prozess des Erwachsenwerdens. Seine bildhafte Sprache entführt die lesende Person unmittelbar in Leos Welt und die Handlung ist so geschickt konstruiert, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte, auch wenn das Ende bitterer ist, als erhofft, und das Zugrundeliegende einiger Handlungsstränge ein Mysterium bleibt (dazu mehr im Interview mit Tobias Wagner).

Obwohl Leos Schicksal ziemlich hart ist, liest sich das Buch ganz leicht aus der unbeschwerten Sicht des Jungen. Wer aber aufmerksamer liest, entdeckt viele geschickt eingewobene Details, die zum Nachdenken einladen, wie Leos Begegnung mit einer alten Frau, die den Weg nach Hause nicht mehr findet und woraufhin sich Leo, der eigentlich nur Cola holen wollte, fragt, warum bei den ganzen planlosen Erwachsenen die Welt nicht „den Bach runtergeht“. Genau solche Begegnungen und Momente sind es, die dem Buch seine Vielschichtigkeit verleihen und es vielleicht auch für Erwachsene interessant machen, die sich so an ihre Jugend zurückerinnern und diese anschließend selbst reflektieren können.

Mein einziger Kritikpunkt:  Die verwendete „Jugendsprache“ klingt nicht sehr natürlich und ist veraltet, so spricht heutzutage kein Fünfzehnjähriger mehr. Zwar ist das als Einfluss des Vaters auf Leo interpretierbar, aber es nimmt zunächst etwas der Lebendigkeit, ohne allerdings zu sehr zu stören.

Death in Brachstedt liest sich mit seinen 208 Seiten sehr schnell und ist somit eine tolle Übergangslektüre und ideal für Phasen, in denen man gerade nicht so viel Zeit zum Lesen hat. Besonders für alle, denen Tschick gefallen hat, die sich aber mehr Spannung darin gewünscht hätten, ist Death in Brachstedt sehr empfehlenswert, doch auch ansonsten lohnt sich das Buch für alle, die gerne Reality- und Coming of Age-Romane lesen.

Das Buch:

Tobias Wagner
Death in Brachstedt
Beltz & Gelberg, 2025
208 Seiten
ab 14 Jahren

Peter-Härtling-Preis 2025

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