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Clemens-Brentano-Preis

für Literatur der Stadt Heidelberg

Yael Inokai erhielt den Preis 2023 für ihren Roman „Ein simpler Eingriff“

Übergabe der Urkunde des Clemens-Brentano-Preises 2023 durch Bürgermeister Wolfgang Erichson an Yael Inokai.
Preisträgerin Yael Inokai und Bürgermeister Wolfgang Erichson. (Foto: Konrad Gös)

Für ihren Roman „Ein simpler Eingriff“ (Verlag Hanser Berlin, 2022) hat Yael Inokai den mit 10.000 Euro dotierten Clemens-Brentano-Preis für Literatur der Stadt Heidelberg erhalten. Die in Berlin lebende Autorin nahm die Auszeichnung am 12. Juli 2023 im Rahmen einer Feierstunde aus den Händen von Bürgermeister Wolfgang Erichson im Palais Prinz Carl entgegen. Der Preis wurde in diesem Jahr zum 30. Mal verliehen.

Von Freiheit, Wut – und weiblicher Solidarität

Die Jury hatte die Entscheidung für Inokai Ende März dieses Jahres gefällt. In der Jury-Begründung heißt es: „Was bedeutet Freiheit? Wer bestimmt, was als normal gilt? In ihrem dritten Roman Ein simpler Eingriff erzählt Yael Inokai von einer Welt, in der Wut und Aufbegehren nicht vorgesehen sind. Und von Meret, die beginnt, dieses System in Frage zu stellen. Mit so präziser wie evokativer Sprache erschafft die Autorin eine klaustrophobe Atmosphäre – und eröffnet zugleich weite Assoziationsräume. Die Tradition literarischer Dystopien aufgreifend, lässt Ein simpler Eingriff am Ende eine Utopie weiblicher Solidarität aufscheinen.“

Gesellschaftsmetapher – und sprachchirurgisches Präzisionsinstrument

Die Laudatio auf Yael Inokai hielt der österreichische Kulturjournalist und Literaturkritiker Paul Jandl.
Die Laudatio auf Yael Inokai hielt der österreichische Kulturjournalist und Literaturkritiker Paul Jandl.

In seiner Laudatio (121,5 KB) würdigte Paul Jandl Yael Inokais Roman als ein fundamentales Werk: „Yael Inokais jüngster Roman Ein simpler Eingriff ­ – oberflächlich betrachtet die Geschichte einer Krankenschwester in einer Klinik, in der Operationen am Gehirn von Patientinnen vorgenommen werden – ist eine große Gesellschaftsmetapher. Ein sprachchirurgisches Präzisionsinstrument.
Literatur, wenn sie der Wirklichkeit nicht bloß hinterherschreibt, interessiert sich für Abweichungen. Für jene Details, die aus dem großen Ganzen hervorstechen und es auf subversive Art unterlaufen. Für Details, die verraten, was am großen Ganzen nicht stimmt. Ich behaupte, dass die Literatur von Yael Inokai genau darauf angelegt ist: mehr zu sehen. Mehr zu sehen und das Gesehene in einer Sprache abzubilden, die den Blick mit ihren eigenen Mitteln noch einmal schärft.“

Literatur, die wortwörtlich unter die Haut geht

Bürgermeister Wolfgang Erichson hielt die Preisrede auf Yael Inokai.
Bürgermeister Wolfgang Erichson hielt die Preisrede auf Yael Inokai. (Foto: Konrad Gös)

Auch Bürgermeister Erichson lobte Yael Inokais Roman: „Inokai erzählt mit verblüffender Lakonie von einem ungeheuerlichen Vorgang: von einem chirurgischen Eingriff in das Hirn von Menschen, um sie willfährig und zu angepassten Personen zu machen. Der Roman geht somit direkt und wortwörtlich unter die Haut, auch von uns Leserinnen und Lesern. Denn er beschreibt eine vermeintlich schöne neue Welt, die einen das Fürchten lehrt – allemal da sie in gar nicht so weiter Ferne zu liegen scheint. Ist das also eine Dystopie? Ja! Und doch lesen wir zugleich auch einen zärtlichen Liebesroman – zwischen zwei Frauen. Wie das zusammengeht? Ganz vortrefflich – Dank der Kunst dieser Autorin.“
 
Er betonte zudem die Besonderheit des Heidelberger Literaturförderpreises: Deutschlandweit einzigartig sei, dass professionelle Literaturkritiker und Studierende als gleichberechtigte Jurymitglieder auf Augenhöhe miteinander diskutierten. In diesem Sinne fördere der Preis nicht nur die Autorinnen und Autoren. Einmal mehr zeige sich die enge Bindung von Stadt und Universität gerade im Bereich der UNESCO-Literaturstadt-Aktivitäten.

Brentano-Preisträgerin Yael Inokai bei ihrer Dankesrede.
Brentano-Preisträgerin Yael Inokai bei ihrer Dankesrede. (Foto: Konrad Gös)

Preisträgerin Yael Inokai verwies in ihrer Dankesrede (32,7 KB) darauf, dass Schreiben für sie „Notwendigkeit, Leidenschaft, Zugang zur Welt“ ist: „Der größte Luxus, den ich dabei haben kann, ist Zeit. Ich bin der Überzeugung, dass gute Texte Zeit und Hingabe brauchen. In der Arbeit an meinem Buch durfte ich das in mehrfacher Hinsicht erfahren. So wird mir auch dieser Preis, den ich dankbar entgegennehme, etwas Zeit schenken können. Zeit für Gedanken, Recherche, Entwerfen, Verwerfen, Überarbeiten, Zeit für ein nächstes Buch.“

Profikritiker:innen und Studierende in Jury

Der diesjährigen Brentano-Preis-Jury – die 2023 in dieser Zusammensetzung zum letzten Mal tagte und dem Turnus entsprechend ab 2024 neu besetzt sein wird – gehören als professionelle Jurymitglieder an: Thorsten Dönges (Literarisches Colloquium Berlin), Prof. Dr. Christine Lötscher (Professorin für Populäre Literaturen und Medien an der Universität Zürich und Literaturkritikerin), Martina Senghas (Hörfunkjournalistin, SWR Mannheim) sowie Dr. Jan Wiele (Feuilleton- und Literaturredakteur der FAZ). Als studentische Jurymitglieder waren Leona Eisen, Sarina Noe und Eileen Taubert beteiligt.

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Zum Preis

INFO

Clemens-Brentano-Preis

Satzung (82,4 KB)


Der Clemens-Brentano-Preis der Stadt Heidelberg wird seit 1993 jährlich im Wechsel in den Sparten Erzählung, Essay, Roman und Lyrik an deutschsprachige Autorinnen und Autoren vergeben, die mit ihren Erstlingswerken bereits die Aufmerksamkeit der Kritiker und des Lesepublikums auf sich gelenkt haben.

Der Preis ist deutschlandweit einmalig, denn die Jury setzt sich aus professionellen Literaturkritikerinnen und -kritikern sowie aus Studierenden des Germanistischen Seminars der Universität Heidelberg zusammen. Diese besondere Zusammensetzung der Jury aus engagierten und interessierten jungen Menschen sowie bereits im Beruf stehenden Profis ist Garant für eine erfolgreiche Auswahl einer Autorin oder eines Autors für die Auszeichnung.

(Eigen-)Bewerbungen für den Preis sind nicht möglich, die Nominierungen erfolgen aus dem Kreis der professionellen Jurorinnen und Juroren sowie dem begleitenden Seminar der Universität Heidelberg. 

Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.

Die Preisträger/-innen